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Lieber Brr.:

In den kommenden Tagen stehen Weihnachten und die Tage zwischen den Jahren auf dem Plan. Typischerweise ist jetzt der Zeitpunkt, besinnliche Geschichten zu erzählen um für mystisch nachdenklich stimmende Gedanken zu sorgen.

Meist finden wir in dieser Zeit mehr Gelegenheit als in den übrigen Tagen des Jahres, einmal auf uns selber zu achten und der inneren Stimme zu lauschen.

Eurer inneren Stimme möchte ich heute mit einigen meiner Gedanken einen kleinen Schubs geben, quasi als Geschichte nicht zur, sondern für die Weihnachtszeit.

Regelmäßig gehe ich Donnerstags in unsere Loge. Sie ist für mich ein Ort, an dem ich mich gerne einfinde, unabhängig davon ob es mir gerade gut geht oder mich Sorgen plagen.

Viel Zeit verbringe ich dabei immer wieder mit der Frage nach der Zukunft, auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage nach dem Sinn meiner Existenz. Dabei erkenne ich, daß Ich mir eine Zeit herbeiwünsche, in der ich tun kann was ich will, sie mir konkret ausmale, sie bereits bildhaft vor Augen habe. Das Ganze hat allerdings einen kleinen Schönheitsfehler. Die Dinge die ich herbeisehne tue ich nicht sofort. Ich projiziere sie in die Zukunft.

Nun stellt sich für mich die Frage, warum verbringe ich so viel Zeit damit, mich darauf vorzubereiten, was ich tun will, anstatt es einfach zu tun? Ist es fehlender Mut, mangelnde Akzeptanz meiner Umwelt oder Versagensangst. Es ist sicher ein Konglomerat diese Dinge, nur woher kommt das? Sind es die Einflüsse meiner Umwelt sind, die mich zaudern lassen. Liegt es an den Botschaften die mir tagtäglich in den Medien oder auf anderen Wegen vorgesetzt werden? Beispielsweise wissen Werbeleute, Politiker und Demagogen seit langem, daß man Menschen motivieren kann bestimmte Dinge zu tun, wenn man ihre Ängste und Wünsche gezielt anspricht.

Wenn es gelingt bestimmte Ängste oder Sehnsüchte von Menschen zu wecken, kann man sie häufig dazu bringen, bestimmte Produkte zu kaufen, einer politischen Richtung zu folgen oder sich einer Sekte anzuschließen.

Wer hat nicht schon einmal Werbung wahrgenommen, in der die Botschaft lautet: Wenn Du dieses Produkt besitzt, wirst Du glücklich sein und ein besseres Leben führen“.

Sicherlich ist jedem von uns solch eine oder eine ähnliche Aussage aufgefallen. Eine recht subtile Botschaft. Meist wird es nicht so direkt, wie hier geschildert, ausgedrückt. Aber es ist für den kritischen Betrachter erkennbar, solche Botschaften sollen uns davon überzeugen, daß wir durch den Erwerb eines Produktes, die Inanspruchnahme eine Dienstleistung, die Wahl eines Politikers oder die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, Erfüllung finden und glücklich werden. So bekommt unser Leben einen Sinn.

Doch es steckt noch etwas viel subtileres hinter solchen Botschaften und Heilsversprechen. Demnach sorgt unsere Entscheidung ein Produkt zu erwerben oder einen Politiker zu wählen nicht nur dafür, daß wir erfüllt sind, sondern wenn wir es nicht tun sind wir angeblich daran gehindert glücklich zu sein. Ein ganz typisches Beispiel hierfür ist das uralte Heilsversprechen der kath. Kirche auf ein ewiges Leben im Paradies bei Wohlverhalten im irdischen Sein.

Sollen wir nun nie wieder etwas kaufen oder nicht wählen? Nein, daß ist es bestimmt nicht was ich sagen möchte.

Wir sollten das tun, was immer wir möchten. Vielmehr geht es mir um die viele Zeit, die wir damit verbringen uns darauf vorzubereiten was wir tun wollen, anstatt es einfach zu tun.

Das hängt nicht unwesentlich damit zusammen, daß wir jeden Tag einer Fülle von Botschaften ausgesetzt sind, deren Zweck es ist, uns in die eine oder andere Richtung zu lenken. Wenn wir nicht aufpassen lassen wir uns davon vereinnahmen. Ich denke hier an all die armen Menschen, die in der S-Bahn nicht mehr ihr Gegenüber registrieren, sondern nur noch gebannt auf Ihrem I- Phone nach den neuesten Facebook-likes gieren.

All diese Manipulation kann allmählich dazu führen, da wir uns in eine Lage bringen, in der wir das Gefühl haben, so weitermachen zu müssen, obwohl wir es eigentlich gar nicht wollen. Wir nehmen in zunehmendem Maße innere Zwänge wahr.

Das was ich hier schildere, trifft nicht auf jeden zu, aber es soll verdeutlichen, worüber ich spreche.

Schon von frühester Kindheit an werden wir mit Nachrichten und Werbung konfrontiert die uns vermitteln, daß nur ein bestimmtes Verhalten oder bestimmte Dinge Erfüllung bringen. Was tun wir also? Wir verhalten uns Systemkonform, folgen dem Heilsversprechen oder kaufen das Produkt. Das Problem aber ist, daß viele dieser Dinge Geld kosten. Als Kinder und Jugendliche schicken wir noch die Altvorderen vor oder verbraten unser Taschengeld für dererlei Dinge. Als Erwachsene nehmen wir einen Job an. Mag sein daß er uns nicht erfüllt, aber er bringt soviel Geld ein, daß wir weiterhin all das abbezahlen können was wir gekauft haben.

Da uns unsere Arbeit aber nicht wirklich befriedigt und wir so viel Zeit damit verbringen, werden wir unzufrieden. Manch einer glaubt gar, nicht Lohn sondern eher Schmerzensgeld für die Anwesenheit an seinem Arbeitsplatz zu beziehen.

Wir beginnen uns eine mystische Zeit in der Zukunft vorzustellen, in der wir den Job an den Nagel hängen können. Immer sehnlicher wünschen wir uns den Tag herbei, an dem wir in Ruhestand gehen. Unsere Wünsche unsere Sehnsüchte projizieren wir immer weiter in die Zukunft hinaus.

Aber einstweilen kaufen wir als Ausgleich dieser unbefriedigenden Situation weiter irgendwelche Sachen und hoffen daß die Werbebotschaften wenigstens ein Fünkchen Wahrheit enthalten, alles in dem Irrglauben, daß uns diese Dinge die Erfüllung bringen, die uns unsere Arbeit nicht bieten kann.

Ein teuflischer Kreislauf der sich da abzeichnet. Kommen wir an dieser Stelle zurück zur Ausgangsfrage „Warum bin ich hier“ Nicht unbedingt nur hier an diesem Ort sondern auf dieser irdischen Welt.

Sicher ist die Antwort nicht einfach zu finden. Ich selber suche sie schon seit etwa 56 Jahren. Jedes Mal wen ich glaube der Antwort ein Stück näher gekommen zu sein, tut sich ein neue Aspekte auf und mir wird deutlich, daß mein Ego sich in den Vordergrund gedrängt hat.

Mit der Zeit wird mir immer klarer, daß es meine Aufgabe darin besteht zu erkennen, daß mich nur etwas erfüllt weil ich selbst es nun einmal so empfinde und nicht weil jemand anderes sagt, daß es erfüllend sei.

Dem Grunde nach geht es also immer noch um die Kernforderung des I. Grades „Erkenne Dich selbst“. 

Ich habe aufgehört, mich als Ausgleich für meine Arbeit mit Sachen zu belohnen, sondern damit begonnen die Dinge zu tun, die ich tun will, die mir wirklich Spaß machen und mich weiter bringen auf der Suche nach dem Zweck meiner Existenz: Warum bin ICH hier?

In diesem Sinne wünsche ich Euch eine geruhsame und besinnliche Weihnachtszeit.