Festzeichnung zum 60-jährigen Stiftungsfest

Das Thema dieser Festzeichnung lautet „Wir haben uns bemüht

…und Sie beschlossen in der Erkenntnis, dass ihnen trotz allem Erlebten die Freimaurerei dennoch zu einem wesentlichen Bestandteil ihres Lebensinhaltes geworden war, eine neue eigene Loge zu gründen, im Sinne und nach den Gesetzen der „alten Landmarken“, doch beseelt von ihrem Geist und ihrer Idee von Brüderlichkeit und Toleranz.
Der Name sollte „Am Rauhen Stein“ lauten, in der Erkenntnis, dass die Arbeit an ihm die vornehmste aller maurerischen Arbeiten sei.

Es ist schwer für mich, eine Festzeichnung zu unserem 60-jährigen Stiftungsfest aufzulegen. Denn ich habe von der Geschichte unserer Loge nur sehr wenig Kenntnis. Das liegt daran, dass wir als Loge uns nur sehr wenig mit Vergangenem beschäftigen.

Die Loge „Am Rauhen Stein“, das kann man ruhig so feststellen, war und ist in ihrer Eigenart als Loge immer eine nach vorn schauende Loge gewesen, die nicht an der Vergangenheit festhält, und wird es hoffentlich immer bleiben. Unser Zeichnungsarchiv mit über 170 Zeichnungen hat unter dem Schlagwort „Zukunft“ 6 Einträge und unter „Vergänglichkeit“ 3.

Also habe ich, wie sich das als Freimaurer gehört, um Hilfe gebeten, und es wurde gegeben. So hilft mir, hier und heute, unser Bruder Rudi T., der einer der ersten glorreichen 12 der rauhen Steine war. Ich werde Br. Rudi also des Öfteren in der nächsten 1 ¾ Stunde zu Wort kommen lassen.
Danke lieber Rudi, Bruder dieser unserer Loge.

In seiner Stiftungs-Geschichte „Am Rauhen Stein“ vom 1.7.1964 schreibt er viel über den Umbruch und die Umstände, die dazu führen, dass 12 Brüder (8 Brüder Meister, 1 Bruder Geselle und 3 Brüder Lehrlinge) die Loge „Konrad Ekhof“ verlassen und versuchen, eine eigene Loge zu gründen. Das hat schon viel Zahlensymbolik. Es geht zwischen den Zeilen um Macht, Intrigen, Neid und Missgunst. Ein richtiger Freimaurer-Thriller. Die Loge „Konrad Ekhof“ fasst es in ihrer Logengeschichte ein wenig knapper und nüchterner zusammen:

1962 entstehen Unstimmigkeiten in der Loge; es decken 12 Brüder. Sie gründen am 9. November 1962 eine neue Loge: „Am Rauhen Stein“.

Ich finde, dabei wollen wir es belassen. Mit der Loge „Konrad Ekhof“ verbinden wir aktuellen Brüder seit Jahren nur Gutes. Wir helfen uns beispielsweise bei Personalmangel. Seit Jahren feiern wir zusammen das Johannisfest und betreiben gemeinsame Werkabende. Wir können dadurch Werkabende gleichzeitig in verschiedenen Graden abhalten, und das ist toll. Es gilt also Dank zu sagen den alten und den aktuellen Brüdern der Loge „Konrad Ekhof“. Ohne die ersteren würde es diese Loge nicht geben. Klingt seltsam, ist aber so! Und ohne die letzteren würden wir weniger unternehmen.

Danke, Brüder der Loge „Konrad Ekhof“.

Wer bis jetzt aufmerksam zugehört hat, dem wird die zeitliche Diskrepanz zwischen der Deckung der 12 Brüder und dem Datum der Zeichnung von Bruder Rudi aufgefallen sein. Ja, die ersten Brüder kämpften fast 2 Jahre darum, eine ordentliche Loge gründen zu können. Dieser Kampf wäre wohl verloren gewesen ohne brüderliche Liebe der Brüder untereinander, als auch tatkräftiger Hilfe und Beistand von außen. Es gilt Dank zu sagen den Logen und vor allem den damaligen Brüdern der Logen „Boanerges zur Bruderliebe“ und „Globus“ sowie der Loge „Armin zur Treue und Einigkeit“. Diese Logen halfen unseren ersten 12 Brüdern dabei, dass die Loge „Am Rauhen Stein“ überhaupt erst das Licht der Welt erblicken konnte.

Danke!

Bruder Rudi schreibt aber auch Schönes. Viel Raum nimmt die Beschreibung des brüderlichen Miteinanders ein. Es handelt von Toleranz, Brüderlichkeit, Vertrauen, Treue, echter Freundschaft und Spaß. Darunter auch:

Doch nicht nur zu Brüdern, auch zu Seefahrern versuchten sich die Brüder heranzubilden. Eine bereits im Jahre 1962 veranstaltete Pfingstfahrt an Bord der Jacht „Traum II“ des Bruders Ernstotto hatte so viel Zustimmung gefunden, dass sie auch Pfingsten 1963 wieder durchgeführt wurde.

Da folgen wir heute noch in guter Tradition. Der Rauhe Stein segelt seit nunmehr regelmäßig 20 Jahren in wechselnder Besetzung einmal im Jahr um und bei Pfingsten. Das ist uns eine liebgewordene Tradition, die wir nicht missen wollen. Dieses gemeinsame Abenteuer stärkt unsere Bruderschaft und führt zu einer innigen Verbindung untereinander. Als Beispiel kurz angemerkt: Ich erkenne meine einzelnen Brüder an ihrem Schnarchen, und sie mich wohl auch. Welche Loge kann das schon von sich behaupten.

Wenn wir nicht gerade segeln oder eine Tempelarbeit abhalten fahren wir zusammen nach Schottland, Israel oder Marokko und gerne auch mit allen zusammen nach Dänemark zur Klausur.

Es gilt also „Dank zu sagen“ den Brüdern die als Skipper große Verantwortung auf sich nehmen, und uns durch alle Wetter wieder heil & gesund nach Hause bringen.

Danke! 

Aber wir sollten uns auch bei allen Stuhlmeistern sowie allen Beamten, also eigentlich bei jedem Bruder unserer Loge, bedanken. Denn nur durch ihr Sein und ihre Arbeit ist der Rauhe Stein das, was er ist.

Danke euch allen!

Rudi schreibt weiterhin:

Und immer wird die Jugend stürmen und ihre neuen Ideen hineintragen wollen in die Gemeinschaft, wird auf die alten konservativen Anschauungen und Grundsätze stoßen und sich nach der einen wie der anderen Seite auseinandersetzen müssen; und ein jeder, der junge wie der alte Mensch, wird etwas abstreichen müssen, wird sich abfinden müssen mit dem Unerreichbaren oder dem nicht mehr Haltbaren seiner Weltanschauung.
Diese ewig neue Auseinandersetzung zwischen Jugend und Alter, zwischen Modernem und Althergebrachtem, befruchtet unser Leben, ist gesund und erforderlich, auch und besonders in der Freimaurerei. Sie bringt Erfolg und Leben dort, wo die Ideale der Toleranz und des brüderlichen Verstehenwollens, gepaart mit dem Wissen um die Ehrlichkeit im Bemühen des Anderen, vorhanden sind; wo Ehrlichkeit und Lauterkeit Grundlagen dieser Auseinandersetzung sind.

Auch wenn das auf das Ende bei „Konrad Ekhof“ und den Anbeginn des Rauhen Steins abzielt, so ist es doch auch äußerst prophetisch.

Vor mehr als 20 Jahren ist das dann auch eingetreten. Ältere Brüder und die damaligen „jungen Wilden“ waren wohl nicht mehr bereit, dem brüderlichen Verstehenwollen Raum zu geben, und so kam es zu einem Exodus der älteren Brüder. 13 Brüder wandten sich der Loge „Theodor Vogel“ zu und wurden ebendort als Brüder herzlich angenommen. Liebe ehemaligen Rauhen Steine, die ihr jetzt in anderen Logen arbeitet: Ihr wart bei dem letzten Dank selbstverständlich auch gemeint.

In der darauffolgenden schweren Zeit, mit wenig Brüdern, und noch weniger Meistern, aber viel Schwung und Elan, erhielten wir wieder Hilfe von anderen Logen. Hier lobend erwähnt die Brüder der Loge „Roland“ und vor allen Dingen unser lieber Altstuhlmeister Bruder Wolfgang, der verdienterweise Ehrenmitglied unserer Loge ist. Ohne dich hätten wir schwerlich überlebt.

Danke, „Roland“, Danke, lieber Bruder Wolfgang!

Das mit den „jungen Wilden“ ist uns häufiger nachgesagt worden und eilte uns voraus. Einige Brüder des Rauhen Steines waren vor etlichen Jahren zu einem Stiftungsfest in einer anderen Stadt eingeladen. Alle berufstätig, und die andere Stadt weit weg, kamen wir etwas später. Der dortige Meister vom Stuhl begrüßte uns am Eingang des Gartenfestes mit den Worten:

„Da kommen ja die jungen Wilden“

Einer meiner Brüder murmelte in seinen Bart: „Dass der unser Sohn sein könnte, ist ihm wohl nicht klar“.

Alter scheint also nicht davor zu schützen, ein junger Wilder zu sein.

In diese Zeit, kurz vor Anfang eines neuen Jahrtausends, fällt aber auch die Entstehung der „Internetloge“. Unser Altstuhlmeister Bruder Franz-Ludwig errichtete diesen Internetauftritt, um das Wesen der Freimaurerei bekannter zu machen. Das ist ihm mehr als geglückt. Dafür gebührt ihm Dank!

Danke, Bruder Franz-Ludwig!

Unsere Loge betreibt seit dieser Zeit, und seit 2004 in Eigenregie, ein Onlinearchiv, in dem aktuell 170 Zeichnungen, natürlich unter Wahrung der Arkandisziplin, für die Außenwelt verfügbar sind. Letztendlich setzen Bruder Franz-Ludwig und alle Brüder Webmaster unserer Loge damit die Worte unseres Bruders Alfons um, der schrieb bereits im Jahr 1972 folgendes:

Bei den freimaurerischen Arbeiten werden viele Zeichnungen aufgelegt, dabei werden viele gute Gedankengänge vorgetragen: Leider wirken diese nicht viel länger nach als die rhetorischen Höhepunkte einer besseren Sonntagspredigt. […]
Im jeweiligen Logenarchiv liegen sie danach sicherer und ruhiger begraben als die stofflichen Reste eines Ramses in einer Pyramide. Meine Loge, die Bauhütte „Am Rauhen Stein“, macht hierin keine Ausnahme, wenn auch eine pseudo-philosophische Diskussion das Begräbnis um einige Tage verzögert.

Dann kam der Zeitpunkt, als unsere Brüder die Reihen einer anderen Loge stärkten, um zu verhindern, dass dort das Licht erlischt. Der Loge „Jacob de Molay“ geht es jetzt wieder prächtig. Das habt ihr gut gemacht, liebe Brüder.


Der Rauhe Stein macht es seinen Brüdern aber auch nie leicht. Haben wir von außen schon 3 verschiedene Jahre, an denen wir unsere Entstehung theoretisch feiern könnten, nämlich am 9.11.1962, wie es die ersten 12 eigentlich wollten und wie es in der Geschichte der Loge „Konrad Ekhof“ steht.

Der 5.12.1963, als die Loge „Armin zur Treue und Einigkeit“ unter dem damaligen Stuhlmeister Karl-Heinz (Danke, lieber Bruder Karl-Heinz) eine Patenschaft übernahm, und uns die „Vereinigten Großlogen von Deutschland“ als Deputationsloge unter dem Meister vom Stuhl Friedrich Wilhelm einsetzt.

Das Deputationspatent wurde von dem damaligen Distriktmeister Rolf übereicht, der sich auch sehr um die Entstehung der Loge „Am Rauhen Stein“ verdient gemacht hat.

Danke, lieber Bruder Rolf. 

Und dann endlich der 2.12.1964, als wir das Konstitutionspatent

der gerechten und vollkommenen Loge „Am Rauhen Stein“ Matrikelnummer 888 im Orient Hamburg

unter Stuhlmeister Ernstotto erhielten und das Licht eingebracht wurde.

Wir haben 50 Jahre später, dem Anlass entsprechend, versucht, ein 50-jähriges Stiftungsfest zu organisieren. Darüber und über Form und Inhalt des Festes wurden viele fruchtbare und durchaus längliche Diskussionen ergebnisoffen und letztendlich auch ergebnislos geführt. So, dass das Stiftungsjahr ohne Stiftungsfest an uns vorbeizog. In einer nicht geschriebenen Chronik unserer Loge würde diese Zeit wohl als der große Teller-Krieg, „Porzellan- gegen Pappteller“, eingehen.


Die Brüder des Rauhen Steins sind aber auch lernfähig. 10 Jahre später wagen wir einen neuen Versuch. Heute! Während die Diskussion um ob und wie 2013 und 2014 insgesamt ein Vielfaches mehr an Zeit und Nerven gekostet hat als ein Stiftungsfest mit Loge und Tafelloge eigentlich dauert, sind wir heute besser. Die gesamte Diskussion um das ob und wie, und die Verteilung der Aufgaben, hat mit einer länglichen Aussprache insgesamt 3 Minuten 40 Sekunden gedauert.

Machen ist wie wollen. Nur krasser!

Dafür gilt es uns selbst zu danken.

Danke, liebe Brüder alle, die ihr aktuell die Loge „Am Rauhen Stein“ ausmacht.

Die Loge „Am Rauhen Stein“ lebt und atmet. Mal etwas heftiger, mal etwas achtsamer. Ab und zu hustet sie auch kläglich. Aber seit 1962 lebt die Loge „Am Rauhen Stein“. Sie lebt durch uns alle, ihre jeweils arbeitenden Brüder. Wir vielen verschiedenen Brüder in diesen jetzt 60 Jahren bewirken, dass sie lebt und dass sie sich verändert, mit jedem Bruder der neu hinzukommt, und auch mit jedem, der sie verlässt. Wobei es da gleich ist, ob er in den ewigen Osten vorausgeht, deckt, oder einfach nur längere Zeit an Maurer-Migräne leidet.

Und wenn einst in ganz, ganz ferner Zukunft der große Baumeister aller Welten zum großen Sicherungskasten schlurft, wird er vielleicht folgendes in seinen heteronormativen langen weißen CIS-Rauschebart murmeln.

„So reicht jetzt. Schicht im Schacht. Wird Zeit für was Neues, aber erstmal mach ich ein Sabbatjahrhundert“.

Dann knippst er alle Sicherungen raus, und wenn er zum Schluss die Hauptsicherung umlegt, dreht er sich um, schaut nach hinten in die Vergangenheit. Schaut alle an, die jemals waren, jemals sind und jemals noch geworden sein werden, und fragt sie mit leiser Stimme:

„Und habt ihr irgendwas draus gemacht, habt ihr irgendwas Sinnvolles daraus gelernt?“

Vielleicht stehen dann ja alle Rauhen Steine, von den ersten 12 bis zu all denen, die noch nach uns kommen werden, auf und sagen mit einer Stimme:

Wir haben uns bemüht“.

Denn mehr ist es eigentlich nicht.
Aber auch auf gar keinen Fall weniger.