Menschenliebe, Toleranz und Brüderlichkeit sind der Mörtel des Tempelbaus
Diese Zeichnung beschäftigt sich mit: Mörtel
Für mich eine der tiefsten Metaphern unserer Bruderschaft. Mörtel hat es leider nie in die Top 10 Liga als Symbol auf den Teppich geschafft. Was ich persönlich sehr schade finde, und ich hoffe, dass es nur seiner Abbildungskraft geschuldet ist. Sieht halt als Symbol aus wie ein Haufen Hundekacke.
Mörtel – der in unserem Ritual aber trotz seiner darstellerischen minusoptimierten Abbildungskraft eine ziemlich zentrale Rolle einnimmt, hat im Gegensatz zu allen anderen Symbolen und Methapern eine Besonderheit. Er ist kein Werkzeug. Er ist ein Material. Genauso wichtig wie die Brüder. Denn ohne ihn wird der Bau nicht vollkommen.
Wir brauchen Brüder und Mörtel. Sonst wird das nix mit dem Tempelbau. Brüder unserer Loge, die mit Holz arbeiten z.B. Zimmermänner und Schreiner werden einwenden: „Hey was ist mit Balken, Stützgerüsten und ähnlichem?“. Ehrlich gesagt: keine Ahnung! Mörtel allerdings schien unseren Ahnen wichtig zu sein.
Rauer Stein – kubischer Stein, wieviel Mörtel tut denn not?
Gute Frage. Das hängt von den Steinen ab, von uns.
Ungleiche Steine – große Fugen – viel Platz – viel Mörtel notwendig.
Glatte Steine die zusammenpassen – kleine Fuge – weniger Mörtel notwendig.
Ich muss also weniger Toleranz, Brüderlichkeit und Menschenliebe aufbringen, um einen mir ähnlichen Bruder Wert zu schätzen. Deswegen ist eine Bruderschaft aus sich selbst ähnlichen Brüdern, die in ihrer Behauenen Quaderform gleich oder sogar fast identisch sind, mit relativ wenig Mörtel zusammenzuhalten.
Wenn die Unterschiede aber zu groß sind die Seiten des rauen Steines schlecht an den anderen passen, braucht es mehr Mörtel – das hält zwar, ist allerdings unstabiler als wenn es nur eine Schmale Fuge zu füllen gilt – Es sei denn der Mörtel ist gut.
Die erste Schlussfolgerung könnte also Sein: „super Sache, Alle Brüder Ähnlich oder noch besser Gleich, wenig Mörtel, festes Bauwerk, alles im Lot“. Klingt eigentlich gut ist, aber meiner Meinung nach bescheuert.
Erstens sind wir nicht alle gleich. Was gut ist! Was wahr ist und was auch schön ist. Obschon wir alle ähnlich sind, was wiederum toll ist! Mit bescheuert meine ich: Wenn wir alle gleich sind und auch nur wenig Mörtel brauchen, könnte die äußere Form des Tempels wohl schnell aussehen wie ein Schuhkarton oder irgendwas Bauliches aus den Siebzigern. Ein Tempel sieht in meinen Träumen anders aus. Irgendwie größer – imposanter – schöner – herrlicher.
Aus meiner Heimatstadt – Idar-Oberstein (da komm ich jetzt wegen der siebziger Jahre Bauwerke drauf) gibt es eine schöne Geschichte. Die Stadt ist und war berühmt für Edelsteinschleiferei. Diese wurde seit dem 18. Jahrhundert mühsam in wassergetriebenen Schleifmühlen praktiziert. Der erste Schleifer, der eine dampfgetriebene Schleife in den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts erbauen ließ, sagte bei der Einweihung seiner eigenen Mühle, die ihn einen Haufen Geld gekostet hat – und ich übersetze das mal schnell ins Hochdeutsche: „ Die Kraft ist da, aber wo bleibt die Herrlichkeit“.
Spannend wird es dann wenn „um die Ecke“ gemauert wird. Denn bei einer extravaganten großen Außenform z.B. Brücke, Bogen, Erker und ähnlichem muss mit mehr Mörtel nachgeholfen werden, wenn denn die Steine alle gleich kubisch sind – etwaige Ungleichheiten in der Seitenfläche hin oder her!
Mörtel – Woher nehmen, wenn nicht selbst anrühren.
Das Rezept für guten Mörtel ist aus alter Zeit schriftlich überliefert. Ich zitiere hier mal aus einer sehr alten Bauvorschrift für Tempelbau: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; denn ich bin der HERR.“ Das hat der Herr, der Hauptberuflich größter Baumeister aller Welten war, schon zu Moses gesagt. Und auch sein Sohn Jesus hielt es für den wesentlichen Punkt der Menschen ausmacht:
„Und siehe, da stand ein Schriftgelehrter auf, versuchte ihn und sprach: Meister, was muß ich tun, daß ich das ewige Leben ererbe? Er aber sprach zu ihm: Wie steht im Gesetz geschrieben? Wie liesest du? Er antwortete und sprach: „Du sollst Gott, deinen HERRN, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüte und deinen Nächsten als dich selbst.“
Jesus aber sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet; tue das, so wirst du leben.“
Was mir persönlich aber in der ganzen Bibel zu kurz kommt ist – emanzipiert wie ich bin – das Vorspiel: Als dich selbst! Das wird da nirgendwo erklärt, beschrieben, erörtert, diskutiert. Ist das eine Voraussetzung, die ich immer überhört habe, oder die damals selbstverständlich war und heute nicht? So selbstverständlich das sie praktisch das nullte Gebot ist? So eine Art Meta Gebot.
Hat mich an der Stelle der Ethik-, der Latein- und der Geschichtsunterricht verwirrt? Bin ich ein Opfer von Siegmund Freud? Wurde in meiner Erziehung Selbstliebe mit Narzissmus gleichgesetzt und verwechselt und somit vom Stundenplan gestrichen?
Ist ja nix Gutes dieser Narzissmus. Ist er auch nicht. Er hat aber nichts mit Selbstliebe zu tun. Allerdings denke ich, dass es keine unheilbare Krankheit ist.
Das nullte Gebot: „Liebe dich selbst“
Parallel zu der Auseinandersetzung mit dem Thema meiner Zeichnung beschäftigte ich mich rein zufällig mit den Biografien zweier total gegensätzlicher Menschen. Allerdings stellte ich fest, daß diese beiden Menschen, obwohl sie sich im Leben für extrem unterschiedliche Dinge begeisterten und unterschiedliche Dinge erreicht haben, anscheinend eins eint. Sie hatten dieselbe furchtbare Geschichte als Kind und waren die Kinder derselben Generation.
Ich stelle jetzt mal eine ziemlich Steile These auf. Während in der Kindheit des einen alles nur grausam war, muss ihn irgendetwas so gebrochen haben, daß er sich selbst so wenig liebte, daß er auch für andere nichts empfinden konnte. Der andere erlebte eine ähnlich grausame und gewalttätig strukturierte Kindheit. Beide hatten einen ähnlich intensiven Alkoholverbrauch im Leben, wie ihre brutalen und kalten Eltern. Während aber Horst Eckert irgendetwas in sich hatte, um Menschenliebe und Brüderlichkeit zu empfinden, es irgendjemand oder irgendetwas in seiner Kindheit gab, was dazu führte – das ihn selbst dazu brachte – nicht abzustumpfen und sich selbst zu lieben. Unter seinem Künstlernamen „Janosch“ bringt er seit langer Zeit Millionen von Kindern und Erwachsenen zum Lächeln und weinen.
Der andere erlangte in Deutschland im Jahre 1975 und gerade hier in Hamburg arg traurige Berühmtheit. Er hatte es wohl nicht geschafft seine Kindheit soweit zu überstehen das er Selbstliebe erfahren und vor allem lernen konnte. Somit war er nicht in der Lage Liebe und Empathie für andere Wesen empfinden zu können. Der Name dieses Menschen war übrigens Fritz Honka.
Ein ähnliches Kinderschicksal wie Janosch und Honka, erlebte ca. 70 Jahre früher ein Mann der zu seinem 70. Geburtstag eine Rede hielt, die eigentlich all das was ich sagen wollte in dieser Zeichnung schöner, besser und kürzer widergibt. Schließen möchte ich also mit einem Gedicht/ einer Rede von Charlie Chaplin aus dem Jahre 1959. Chaplin, von dem immer gemunkelt wurde er sei Bruder – auch wenn das wahrscheinlich leider nicht stimmt, sagt Folgendes:
Als ich mich selbst zu lieben begann habe ich verstanden, dass ich immer und bei jeder Gelegenheit zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin – und dass alles, was geschieht, richtig ist. Von da an konnte ich ruhig sein.
Heute weiss ich das nennt man „VERTRAUEN“
Als ich mich selbst zu lieben begann, konnte ich erkennen, dass emotionaler Schmerz und Leid nur Warnungen für mich sind, gegen meine eigenen Wahrheit zu leben.
Heute weiss ich, das nennt man „AUTHENTISCH SEIN“
Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört, mich nach einem anderen Leben zu sehnen und konnte sehen, dass alles um mich herum eine Aufforderung zum Wachsen war.
Heute weiß ich, das nennt man „REIFE“
Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört, mich meiner freien Zeit zu berauben und ich habe aufgehört, weiter grandiose Projekte für die Zukunft zu entwerfen. Heute mache ich nur das, was mir Spaß und Freude bereitet, was ich liebe und mein Herz zum Lachen bringt, auf meine eigene Art und Weise und in meinem Tempo.
Heute weiß ich, das nennt man „EHRLICHKEIT“
Als ich mich selbst zu lieben begann, hab ich mich von allem befreit, was nicht gesund für mich war, von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen und von allem, was mich immer wieder hinunterzog,
weg von mir selbst. Anfangs nannte ich das „gesunden Egoismus“,
aber heute weiß ich, das ist „SELBSTLIEBE“
Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich aufgehört, immer recht haben zu wollen, so habe ich mich weniger geirrt.
Heute habe ich erkannt, das nennt man „DEMUT“
Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich mich geweigert, weiter in der Vergangenheit zu leben und mich um meine Zukunft zu sorgen. Jetzt lebe ich mehr in diesem Augenblick, wo ALLES stattfindet.
So lebe ich jeden Tag und nenne es „BEWUSSTHEIT“
Als ich mich selbst zu lieben begann, da erkannte ich, dass mein Denken armselig und krank machen kann, als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte, bekam der Verstand einen wichtigen Partner
Diese Verbindung nenne ich heute „HERZENSWEISHEIT“
Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen, Konflikten und Problemen mit uns selbst und anderen zu fürchten, denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander und es entstehen neue Welten.
Heute weiß ich, DAS IST DAS LEBEN
Ehrwürdiger Meister, geliebte Brüder alle. Diese Woche ist in Deutschland die Woche der Brüderlichkeit. Ich möchte meine Zeichnung hier schließen und bitte alle anwesenden Brüder, mich selbst eingeschlossen, um Folgendes:
Lauscht bei dem folgenden Musikstück tief in euch hinein. Fragt euch: „Liebe ich mich selbst genug um andere lieben zu können, um ein perfekter Baustein im Tempel der Humanität zu werden, mit genug Mörtel um mich herum“. Und vielleicht blicken wir morgen früh in den Spiegel, lachen, und sagen dem Spiegelbild: „Ich liebe mich“.
Denn das ist das Leben