Liebe und Brüderlichkeit im Islam

Zeichnung von Br. M. C.

Islam ist ein arabisches Wort und bedeutet Frieden, Unterwerfung, Hingabe und Gehorsam. Islam ist die vorbehaltslose Annahme der Anweisungen und der Rechtleitung Gottes. Ein gläubiger Muslim ist jemand, der ohne Zwang und bereitwillig die Oberhoheit Gottes anerkennt, nach einer vollständigen Neugestaltung seines Lebens gemäß den offenbarten Anweisungen Gottes strebt und für die Gründung einer Gesellschaftsordnung arbeitet, in der die Rechtleitung Gottes verwirklicht wird.

Hierbei ist zu unterscheiden, ob einer tatsächlich an seinem Glauben hängt, oder diese nur oberflächlich und zum Teil lebt. Der Islam, wie auch andere Religionen wie z.B. das Christentum haben nur das eine Ziel. Das die Menschen in Frieden und Liebe zueinander leben. Nur leider wird dieses kaum praktiziert. Die Führer, einiger sich auf dem Weg des Islam bewegenden Nationen, oder derer die sich als Gottesstaaten nennen, praktizieren nur das Gegenteil, von dem was eigentlich diese Religion fordert. Der Islam verbietet das Foltern und Töten von Menschen. Frauen haben die gleichen Rechte wie die Männer, Gleichberechtigung wird hoch angesetzt. Vermummung von Frauen und Ausschließung aus jeglichen Gesellschaften und Ausgehverbote sind nur Beispielhafte Indizien dafür, dass dieses nicht mit dieser Religion vereinbar sein können. Der Islam wird von den meisten falsch ausgelebt und für den einen, oder anderen als Vorteil beschaffende Maßnahme ausgenutzt.

Ich habe dieses Thema ausgesucht, da ich hierbei Parallelen zur Freimaurer fand. Ich habe in der Freimaurerei das gefunden, was es eigentlich im Leben selten vorhanden ist. Es ist das wahre menschliche zusammenleben, wonach ich immer gesucht hatte. Die Brüderlichkeit und an seinem eigenen rauhen Stein zu arbeiten und zu versuchen auf diesem Weg das Ziel zu erreichen.

Man fragte den Propheten „Was ist das Beste, was dem Menschen gegeben sei ?“ Er sagte: „Die gute Sinnesart.“ Und weiter sagte der Prophet: „Ich bin gesandt, um die gute Sinnesart zur Vollendung zu bringen.“ Abu Hureira fragte: „Was genau ist die gute Sinnesart?“, woraufhin der Prophet antwortete: „Das du das Band knüpfst zu dem, der es zerreißt. Das du dem verzeihst, der dir Unrecht tut.“

1. Die Pflicht der Hingabe von Hab und Gut für die Versorgung deines Bruders

Hierbei wird zwischen drei Stufen unterschieden:
Die niedrigste ist die, dass du deinen Bruder von dem, was du an „Überfluss“ hast abgibst, allerdings bevor er dich darum bittet. Die zweite Stufe ist die, dass du ihm die Hälfte deiner Habe abtritts, also ihm den gleichen Stellenwert wie dir selber einräumst und die dritte und edelste Stufe ist die, dass du deinen Bruder dir selber voranstellst. Diese letzte Stufe wird als die bezeichnet, von der Gott im Koran spricht, wenn er sagt: „Und sie verrichten ihre Angelegenheiten in Beratung untereinander und geben hin von dem, was wir ihnen beschert haben.“(Sure 42/36). Hierzu gibt es auch eine Begebenheit, bei der ein Mann zu Abu Hureira kam und sagte: „Ich möchte dich gern zum Bruder in Gott haben“. Da antwortete er: „Kennst du auch das Recht der Bruderschaft?“ Er sagte: „Nein, sage es mir“. Abu Hureira erklärte ihm: “ Das du nicht mehr Anrecht auf deine Denare und Drachmen hast als ich“. Da sagte der Mann: „Diese Stufe habe ich noch nicht erreicht“. So sagte ihm Abu Hureira: „So gehe fort von mir“.

2. Die Pflicht der Hilfeleistung mit der eigenen Person

Unter dieser Pflicht wird verstanden, dass du dem Bruder in seinen Angelegenheiten Dienste leistest, ehe du darum gebeten wirst und die Sorge für und um ihn der für dich selber vorangehen lässt. Auch hier gibt es wieder Stufen, wobei die niedrigste, dass du einem Bruder hilfst, wenn er dich darum bittet, die folgende, dass du ihm hilfst, bevor er dich darum bittet und mit dem gleichen Einsatz als gelte die Hilfe dir selber und die Hilfe, die du ihm gewährst bevor er dich darum bittet und wenn du ihm dankbar dafür bist, dass du ihm helfen darfst und diese Hilfe deinen eigenen Bedürfnissen voran steht. Wir müssen darauf achten, wann der Freund uns braucht und es muss für uns ein Bedürfnis sein, ihm aus tiefem Herzen zu helfen, wobei wir für unsere Hilfe keine Gegenleistung erwarten dürfen und möglichst so helfen, dass es dem anderen nicht unangenehm ist und vielleicht gar nichts davon bemerkt, dass du ihm hilfst. Der Prophet sprach: „Wenn du einen Menschen lieb gewinnst, so frage nach seinem Namen und dem Namen seines Vaters und nach seiner Wohnung, besuche ihn, wenn er krank ist und hilf ihm, wenn er Arbeit hat.“ Das Kennzeichen für echte Fürsorge ist, dass der eine kein schönes Mahl und keine Fröhlichkeit genießen mag ohne den anderen, sondern sich grämt, dass er allein ist und bekümmert ist über die Trennung von seinem Bruder.

3. Die Pflicht zu schweigen

Die Pflicht der Zunge ist zu Schweigen, bald eine zum Reden. Die Pflicht des Schweigens besteht darin, dass du über die Fehler des Bruders schweigst, sei es in seiner Gegenwart, oder in seiner Abwesenheit. Du sollst Stillschweigen über das, was der Bruder dir anvertraut bewahren und niemandem jemals etwas darüber erzählen, auch nicht nach einem Bruch, oder Zerwürfnis mit dem Bruder. Du sollst also jegliches Reden, das dem Bruder zuwider ist unterlassen, es sei denn du willst ihn in einer Sache zum Rechten mahnen und vom Unrecht abhalten und dir das Gesetz nicht zu schweigen erlaubt. Ansonsten handelt es sich um üble Nachrede, wenn man über die Fehler eines anderen spricht. Wir sollten viel eher darüber nachdenken, welche Fehler wir selber haben, als über die der anderen nachzudenken. So müssen wir uns immer wieder in Nachsicht üben und dürfen ebenfalls nicht erwarten, dass ein Bruder Pflichten uns gegenüber erfüllt, die wir selbst gegen Gott nicht erfüllen können.

Wir sollen uns immer die guten Seiten der anderen vor Augen halten und für sie immer nach Entschuldigungen suchen und nicht nach ihren Fehltritten.

Nicht über die Fehler von anderen reden bedeutet aber auch, nichts Schlechtes von den anderen zu denken. Es muss eine Sache des Herzens sein, immer das Beste vom anderen zu denken, nicht misstrauisch zu sein, ihn schlechter Dinge zu verdächtigen. In diesem Zusammenhang sagte der Prophet: „Gott befiehlt, dass für den Gläubigen unverletzlich seien seines Bruders Gut und Blut und Ehre, dass er nicht schlecht von ihm denken soll. Hütet Euch vor dem Verdacht, denn der Verdacht ist das Lügnerischste, was dem Menschen seine Seele vorspiegelt. Spioniert nicht und spürt nicht nach, brecht nicht miteinander und kehrt euch nicht voneinander ab, sondern seid Gottes Diener als Brüder.“

4. Die Pflicht zu reden

So wie es unsere Pflicht ist zu schweigen, ist es ebenso unsere Pflicht, zu reden und zwar das, was unserem Bruder angenehm ist. Das Schweigen dient sozusagen der Unterlassung von Kränkung, aber mit der Zunge bzw. der Sprache sollen wir unseren Schwestern und Brüdern sagen, dass wir sie lieben, uns nach ihren Erlebnissen und ihrem Befinden erkundigen und ihr im Leid beistehen. Der Gesandte Allahs sagte: „Wenn einer seinen Bruder liebt, so soll er es ihm sagen.“ Wir sollen uns gegenseitig loben, ohne dabei zu übertreiben oder zu lügen. Es ist außerdem unsere Pflicht, diese in Schutz zu nehmen, wenn üble Nachrede über sie geführt wird, oder wenn sie offen oder versteckt angegriffen werden. Der Beleidiger muss in aller Deutlichkeit zurechtgewiesen werden. So heißt es auch: „Sprich über den Abwesenden Bruder nicht anders, als das er über dich in deiner Abwesenheit spricht.“

Wenn man reich an Wissen ist, so sollte man von diesem überfluss ebenso abgeben, wie von seinem Geld und seiner Habe. Du sollst sie auf ihre Fehler aufmerksam machen, allerdings dies nur unter vier Augen, so dass niemand davon erfährt. Vielleicht sagt sich jetzt einer: Wenn ich dem anderen seine Fehler vorhalte, so verletze ich ihn doch. Wie kann diese Pflicht Brüderlichkeit sein? Verletzen würde man den Bruder nur dann, wenn man von Fehlern spricht, die er schon selber weiß. Wenn du aber auf etwas aufmerksam machst, was sie nicht weiß, so ist das die sorgende Zärtlichkeit und gewinnst die Herzen vernünftiger Menschen. Denn wenn Dich jemand auf eine tadelnswerte Handlung aufmerksam macht, die du begangen hast, oder auf eine tadelnswerte Eigenschaft, die dir anhaftet, damit du dich davon befreien kannst, der gleicht demjenigen, der dich auf eine Schlange oder einen Skorpion aufmerksam macht, der unter deinem Kleid sitzt und der dich sozusagen vor der Gefahr eines Bisses rettet.

5. Pflicht, die Fehltritte zu verzeihen

Die Treue verlangt, dass man den Bruder nicht verlässt, wenn er in Not und Armut gerät, die Not am Heil der Seele ist schlimmer als die Not an Geld und Gut. Wenn dieser Not am Heile der Seele leidet, darum musst du ein Auge auf ihn haben und dich um ihn kümmern und ihn nicht verlassen, ihm in unermüdlicher Güte zur Befreiung von dem Unheil helfen, dass ihn getroffen hat. Denn die Freundschaft soll ein Rückhalt für die Unglücksfälle und Schicksalsschläge der Zeit sein und dies ist doch das schlimmste Unglück, dass einen Menschen treffen kann. Wenn ein übeltäter einen frommen Mann zum Freunde hat und dessen unbeirrbare Gottesfurcht sieht, so wird auch er bald umkehren und sich seines eigensinnigen Verhaltens schämen.

Du sollst für den Fehltritt deines Bruders Entschuldigungen erfinden. Wenn aber dein Herz die Entschuldigung nicht annehmen will, so kehre den Tadel gegen dich selbst und sprich zu deinem Herzen: „Wie bist du doch so hart, dein Bruder entschuldigt sich und du willst es nicht annehmen! Wahrlich du selbst bist des Tadels wert, nicht er.“ Wenn sich einer bei dir entschuldigt, so nimm seine Entschuldigung an, gleichviel ob sie wahr oder erfunden ist.

Der Gesandte Allahs sprach: „Wer von seinem Bruder um Entschuldigung gebeten wird und die Entschuldigung ablehnt, den trifft dieselbe Schuld, die der Bruder auf sich geladen hat.“ Der Mensch kann es nicht dahin bringen, den Schmerz einer Verwundung nicht zu spüren, wohl aber ihn im Zaume zu halten und zu unterdrücken und anders handeln, als der Zorn es will.

6. Die Pflicht der Treue und Aufrichtigkeit

Treu sein heißt beharren in der Liebe zum Bruder bis zu seinem Tode und in der Liebe zu seinen Kindern und Freunden nach seinem Tode. Denn die Liebe wird um der Ewigkeitswillen gesucht und wenn die Liebe vor dem Tod aufhört, dann ist das Handeln unnütz und die Mühe verloren. Zur Brudertreue gehört auch, dass du auch alle Freunde und Verwandte und was deinem Bruder gehört ehrst, denn es gibt keinen klareren Beweis für die Größe der Liebe, als dass sie von dem Geliebten überströmt auf alles, was mit ihm zusammenhängt. Du sollst dich in deinem Verhalten ihm gegenüber nicht verändern, auch wenn du zu Rang und Würden erhoben und zu Macht und Ansehen gelangt bist. Zur Treue gehört weiterhin, dass du nicht auf das hörst, was die Leute über einen Freund und Bruder sagen und dass du nicht mit dem Feind deines Bruders Freundschaft hältst.

7. Die Pflicht, die Brüderschaft leicht zu machen und alle Förmlichkeit und allen Zwang zu vermeiden

Diese Pflicht besteht darin, dass du dem Bruder nichts zumutest, was für ihn lästig ist, sondern ihn in Ruhe lässt mit deinen Angelegenheiten und Sorgen, nichts von deinen Lasten auf ihn ablädst, weder Ehre noch Reichtum von ihm zu erlangen suchst, noch verlangst, dass er sich vor dir demütigt, sich um dein Ergehen kümmert und seine Pflichten gegen dich erfüllt, sondern du sollst bei deinem Lieben kein anderes Ziel im Auge haben als Gott, indem du den Segen der Fürbitte des Bruders hinnimmst, dich an dem Zusammensein mit ihm erfreust, dir von ihm auf dem Weg zu Gott helfen lässt und durch Erfüllung deiner Pflichten an ihm und die Fürsorge für ihn Gottes Nähe suchst.

Quelle:

Elixier der Glückseligkeit vom Imam Ghazali