Die vorliegende Zeichnung wurde von zwei Brüdern unserer Loge im Jahre 2014 gemeinsam ausgearbeitet und aufgelegt.
Sie wurde in Form eines Cadavre Exquis erstellt zum Thema „Was geht, was bleibt.“
(1) NO:
Warum erschaffst Du?
Warum erzeugst Du?
Warum bringst Du hervor?
Warum schaffst Du?
Warum schöpfst Du?
Warum gestaltest Du?
Warum stellst Du her?
Warum entwickelst Du?
Warum rufst Du hervor? setzt in die Welt? rufst ins Leben?
Warum kreierst Du?
Warum fertigst Du an?
Warum formst Du? modellierst Du? produzierst Du?
Warum erschaffst Du?
Warum arbeitest Du?
Warum erstellst Du?
Warum erzeugst Du?
Warum fabrizierst Du?
Warum fertigst Du? machst Du? produzierst Du?
Warum bastelst Du?
Warum baust Du?
Warum gestaltest Du?
Warum verarbeitest Du? verfertigst Du?
Warum stellst Du her?
Wenn Du etwas fühlst, heißt das noch lange nicht, dass es wirklich DA ist!
(1) SO:
Ich habe so ein Gefühl. Ich habe das Gefühl, dass etwas dringend mal dran wäre. Dass etwas erledigt oder gelöst sein will. Und dann sage ich: „Man müsste mal“, „Man sollte mal“, „Eigentlich würde ich gerne“
Da ist mein innerer Gegenspieler, der dafür sorgt, dass es beim „eigentlich“ und beim Konjunktiv bleibt – dass aus dem Wörtchen „man“ bloß kein „ich“ wird. Der innere Schweinehund, der nicht zu bekämpfen ist. Oder z.B. auch Scham, die erst überwunden werden muss, damit etwas angegangen wird.
Und während der Teil, der die Notwendigkeit sieht, mit dem Teil ringt, der die Notwendigkeit verneint oder verschweigt, verrinnt die Zeit. Und der innere Schweinehund weiß, dass die Zeit auf seiner Seite ist. Vielleicht erledigt sich das Problem mit der Zeit von selbst. Oder es ist irgendwann einfach eh zu spät, noch etwas zu unternehmen.
Was hat das zu tun mit dem Thema „was geht – was bleibt?“
Was geht, ist die Zeit. Was geht, ist die Gelegenheit. Verpasst!
Was bleibt, ist der schale Nachgeschmack, etwas ausgesessen oder totgeschwiegen zu haben.
Womöglich bleibt auch wieder Scham.
Die beschämende Zufriedenheit, sich nicht verletzt zu haben, weil man ja nicht aufs Spielfeld gegangen ist.
„Wenn Du etwas fühlst, heißt das noch lange nicht, dass es wirklich da ist.“?
Nein. Wenn man etwas fühlt, dann ist unter Umständen mehr da, als man wahrhaben will!
Ich erinnere mich an den Film „Der Pferdeflüsterer“. Da spricht der Hauptdarsteller über seine Ehe, die nach etlichen Jahren geschieden wurde, weil sie gescheitert war. In diesem Zusammenhang sagt er in etwa: „Oft weiß man es von Anfang an, aber es dauert manchmal Jahre, bis man es ausspricht.“ Ich glaube, jeder von uns kennt das: gefühlte Ahnung bzw. wissendes Gefühl, schweigend mit sich herumgetragen.
Was geht, ist die Hoffnung. Was bleibt, ist die Hoffnung.
Oder, anders gesagt:
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.
(2) NO:
Wiederholung!
Anpfiff – Spiel – Wiederholung.
Ich wiederhole mich.
Du wiederholst Dich.
Er sie es wiederholt sich.
Wir wiederholen uns.
Ihr wiederholt Euch.
Sie wiederholen sich.
In der Wiederholung liegt die Kraft der Dauer: einmal ist keinmal.
Wieder und wieder:
4,5 Milliarden Jahre Planetenkreisen.
Wieder und wieder:
1 Million Jahre Perfektionierung des Faustkeils.
Wieder und wieder:
Ungezählt die Schläge des suchenden Herzens.
Wieder und wieder:
Endlos das Wiederkäuen, um den eigenen Platz im Universum zu finden.
Der Wiederkäuer käut.
Er käut im Takt.
Im Takt der anderen.
Verschluckt er sich und hustet,
Wird er
Individuum,
denkt er
Einzigartigkeit.
Einzigartigkeit hat nur in der Masse Bedeutung. Die Bedeutung des Einen ist bedingt durch die Aufmerksamkeit der Anderen. Aus Angst vor Bedeutungslosigkeit wogt das Meer der Individuen in hysterischer Flut und fragt sich:
Was passt alles zwischen Anfang und Ende?
(2) SO:
Zwischen Anfang und Ende passt eigentlich alles. Lediglich der GBaW und das Leben selbst scheinen mir außerhalb dieser Koordinaten zu existieren. „Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.“ So sprechen der biblische Gott und Jesus in der Offenbarung. Zwischen Anfang und Ende liegen Wege. Lebenswege und Ereignisse.
Ein Lebensweg ist nicht gerade. Das kann er gar nicht sein. In einer Welt, die sich ständig wandelt, muss sich zwangsläufig auch der Weg verändern, den einer geht. Wer an seinen ausgetretenen Pfaden fest hält, für den ändert sich das Leben eines Tages umso gewaltvoller. Oder er wird irgendwann das Gefühl haben, die Welt nicht mehr zu verstehen.
Zwischen meinem Anfang und meinem Ende liegt mein Leben mit all seinen Begegnungen und Ereignissen, die gekommen und gegangen sind. Es liegt dazwischen der stete Wunsch, der Versuch und die Hoffnung, mir selbst treu zu bleiben sowie Lebens-Lust und Lebens-Achtung auf einen Nenner zu bringen. Zwischen meinem Anfang und meinem Ende liegt…
(3) NO:
…ein und!
So schaffe ich
und
vermehre ich
und
ergänze ich
und
addiere ich
und
füge ich hinzu
und
aneinander
und
so kombiniere,
und
arrangiere
und
schöpfe ich.
Zu meiner
und
Deiner Erbauung.
Gefällt es Dir?
Gefällt es Dir?
G-e-f-ä-l-l-t es Dir, mein Bruder?
Bist Du zufrieden?
Bin
Ich
Zufrieden?
Schulde ich sonst noch jemandem Rechenschaft?
„Ein Mann
Erklärte einst dem All
Herr, mich gibt es!
Wie Dem auch sei.
Antwortete das All
Der Umstand
Hat in mir
Kein Gefühl
Der Verpflichtung geweckt.“
(3) SO:
Natürlich spürt das All keine Verpflichtung. „Pflicht“ ist ein Begriff des Menschen. Das All kann auch ebenso wenig spüren bzw. fühlen.
Der Mensch wünscht sich, dass andere spüren, was er braucht und diese sich für ihn verpflichtet fühlen:
Das Universum, die Götter, das Schicksal etc…
Wir hoffen auf Zeichen, suchen nach Hinweisen. Auch die Freimaurer bedienen sich des Alls. Sonne, Mond und der flammende Stern befinden sich auf dem Arbeitsteppich.
Dennoch: mir scheint, der Mensch bleibt auf sich selbst zurückgeworfen und angewiesen.
Ist Glaube nichts anderes als eine ritualisierte Erwartungshaltung?
Was geht, was bleibt?
Kürzlich war ich auf einem französischen Friedhof. Endlos viele Urnen-Mausoleen. Der letzte, zweifelhafte Versuch, dass etwas bleibt, ist, sich ein pompöses Grab bauen zu lassen. Irgendwann ist es verwittert, bemoost, die Inschriften unlesbar, zerfallen, in der zweiten Reihe.
Mir ging jahrelang ein Bruder mit einem Zitat auf den Wecker, dass er bei jeder sich bietenden Gelegenheit von sich gab:
„Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen!“
Mittlerweile verstehe ich den Satz so:
Ich glaube, es ist die kreative Leistung, die bleibt, weil sie andere Generationen immer wieder aufs Neue inspiriert. Eine Beethoven-Sinfonie, die stets neu, anders, unterschiedlich interpretiert wird. Ein Buch, das in jedem Menschen andere, eigene Bilder hervorruft. Was von einem Menschen bleibt, ist die Kraft seiner inspirierenden Ideen oder Taten.
(4) NO:
Erwartungshaltung
Siewartungshaltung
Eswartungshaltung
Ichwartungshaltung
Duwartungshaltung
Wirwartungshaltung
Ihrwartungshaltung
Und woran glaubst Du zu warten?
Gibt es aktives und passives Er-warten?
Bedeutet zu schöpfen, aktiv zu warten?
Eine Bewegung in der Warteschleife zu vollführen?
Elementarteilchen im Beschleuniger:
mit viel Energie immer im Kreis. Zweckfrei, bis ein zweites Teilchen getroffen wird und etwas Neues entsteht.
Aktiv sein
heißt
bewegen
heißt
leben.
Mein Ego sucht Resonanz.
Sie entsteht, wenn ich Dich im Teilchenbeschleuniger treffe.
Reicht es zu sagen
Ich?
Ich fühle?
Ich fühle mich?
Ich fühle mich lebendig?
Ich fühle mich lebendig an?
Ich fühle mich lebendig an, wenn es mir gelingt, Dich zu bewegen.
(4) SO:
Leben ist Bewegung. Ich fühle mich lebendig an, wenn es mir gelingt, mich zu bewegen. Geistig wie physisch. Ich fühle mich lebendig an, wenn ich weiß, dass das, was ich tue, authentisch ist. Und ich fühle mich lebendig im Kreise Gleichgesinnter, dort, wo ich mich zugehörig fühle. Wobei ich deutlich unterscheiden möchte zwischen „zugehörig sein“ und „angepasst sein“. Wenn sich Lebendigkeit in Bewegung ausdrückt, bleibt immer noch die Frage, wie freiwillig dieser Bewegungsvorgang verläuft. Die großen Charismatiker dieser Welt haben es immer wieder verstanden, Menschen zu bewegen, im Guten wie im Bösen. Wenn man Menschen bewegen möchte, bedarf es einer doppelten Sinnstiftung. Es muss Sinn für mich machen und es muss Sinn für den anderen machen. Und wenn es für mich oder den anderen keinen Sinn macht? Dann lässt sich dieser, der Sinn, wohl am besten in einer Abwehrreaktion finden.
Leben und Bewegung äußern sich darin, dass einer handelt. Freimaurerei ist ohne Handeln nicht lebendig. Brüderlichkeit äußert sich in Handlungen. Alle freimaurerischen Symbole und Ritualtexte können so definiert werden, dass sie zu Handlungen führen.
In der Handlung ist der Mensch schöpferisch.
Was geht, was bleibt?
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