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I. Der Große Baumeister aller Welten – und ich

Vorhin sagte ich: „Und nun, meine Brüder, verneigen wir uns vor dem, was jeder von uns im Symbol des großen Baumeisters aller Welten sieht.“.

Diese Stelle im Ritual war mir immer besonders wichtig, vor allem zu Beginn meiner Zeit hier in der Loge vor über 15 Jahren. Ich stand da, mit dem Zylinder in der Hand, Augen geschlossen, hörte in mich hinein und dachte mir: ich bin hier, ich bin auf Empfang – sprich zu mir. Was ich aber lediglich hörte, war die S-Bahn die entfernt vorbeischeppert.

Meine Großmutter war sehr katholisch. Sie hat mich so erzogen, jeden Abend ein Abendgebet mit ihr zu beten – und wenn ich nicht bei ihr war, alleine für mich zu beten. Eines Abends lag ich dann im Bett und dachte mir: „Haste eigentlich schon gebetet?“ – keine Ahnung. Das war doch wohl sehr unbewußt geschehen, wenn überhaupt. Und so beschloß ich im zarten Alter von – schätze mal – zehn Jahren, nicht mehr zu beten, da das beten so beiläufig geschehen war, daß es offenbar keine besondere Bedeutung hatte. Und nach dem Tod meiner Großmutter entfielen dann auch die sporadischen sonntäglichen Gänge in den katholischen Gottesdienst, ein aus meiner kindlichen Sicht strenges, einschüchterndes und freudloses Ritual.

Ich habe also mit dem Glauben ein Thema, schon lange.

Und ich bin der festen Auffassung, daß Religion ein Weg ist, eine überirdische Instanz zu instrumentalisieren, um Menschen zu beherrschen. Ob das jetzt die christliche Kirche im Mittelalter war, oder heute der Islam, ein Islam, von den falschen Menschen mit einer schlechten Absicht den Unkundigen gepredigt, um sie für die falschen Ziele zu begeistern.

II. Gott und der Mensch

Gott war schon vor Ewigkeiten hier – vor den Muslimen, vor den Christen, vor den Juden, vermutlich schon zu Zeiten der Steinzeitmenschen. Und auch die hatten vermutlich ihre Geister und Götter. 

Gott braucht den Menschen nicht.

„Die Religion ist nur die Leiter, um zu Gott zu kommen“ – so hat es glaube ich Osho gesagt; für mich will das heißen, daß jede Religion nur eine Welt von Geschichten, Gleichnissen und Regeln ist, die für die jeweilige „Zielgruppe“ verständlich ist. Vielleicht meinen Muslime und Christen und Juden ja denselben Gott?

Wenn das aber stimmt, dann ist die Religion irrelevant für Gott. Gott hat nichts mit Religion zu tun. Sie mag für mich persönlich hilfreich sein, das Göttliche zu entdecken. Aber nicht mehr. Sie kann ein Weg sein, das Göttliche begreifbar zu machen.

III. Gott und die Welt

Gott ist nicht nur für den Menschen da, sondern für alle Wesen der Schöpfung. Auch für Tiere. Tiere besitzen aber nicht die Fähigkeiten, ein abstraktes Wesen zu konstruieren, in Geschichten zu betten und mit einem mehr oder minder komplexen Regelwerk zu versehen. Er ist also da, ob man an ihn glaubt oder nicht, für alle Wesen in dieser Welt.

Vielleicht ist Gott eine göttliche Kraft, die wirkt, die gutes bewirkt – nicht der alte, gütige Mann, der auf einer Wolke sitzt. Eine Kraft, die uns Dinge angehen läßt vor denen uns mulmig ist, die uns streben läßt, unser bestes zu geben, die uns uns aufgeben läßt für andere, die uns tolle Dinge erschaffen läßt. Diese Kraft ist die Liebe ganz im Sinne des Johannes-Evangeliums, in dem es heißt:

„Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat: Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ (Erstes Buch Johannes, Kapitel 4, Vers 16).

Die Liebe ist nicht nur eine Kraft der Christen – sie gibt es auch für, zwischen, unter den Menschen anderer Religionen. Auch Muslime lieben ihre Kinder, ihre Partner, ihre Familien. Juden ebenfalls, auch Hindus, Buddhisten – alle Menschen. Aber auch Tiere lieben, davon bin ich überzeugt. Vielleicht nicht in dem romantischen Sinne wie wir, aber auch Tiere lieben zumindest ihre Kinder, nehmen Strapazen für sie auf sich, kämpfen für sie, leiden für sie, riskieren ihr Leben für sie.

IV. Die göttliche Kraft

Es gibt diese Momente, in denen das Herz voller Liebe ist – nicht jeder kann das zulassen; es kann sein, wenn ich mit meiner Frau zusammen bin, Zeit mit meiner Familie verbringe, manchmal aber auch, wenn ich mit lauter Musik über die Autobahn fahre, oder wenn ich durch den Wald gehe und eine sonnendurchflutete Lichtung sehe – und mir das Herz übergeht angesichts der Schönheit der Schöpfung.

Dann spüre ich die Liebe in mir, die göttliche Kraft.

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