Über die Kraft des Denkens und Glaubens

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Dieses Thema habe ich mir ausgesucht, weil ich es für so wichtig halte, daß sich ein Bruder, ja jeder Mensch, mit ihm beschäftigen kann und sollte. Ich möchte den Versuch machen, euch aufzuzeigen, wie Denken und Glauben euer Leben beeinflussen, und welche Möglichkeiten jeder hat, darauf Einfluß zu nehmen. Euer Verständnis, daß dieses gewaltige Thema von mir zu diesem Anlaß nur ansatzweise und keinesfalls vollständig behandelt werden kann, setze ich voraus.

Laßt mich kurz auf die Definition des Brockhaus? für die Begriffe eingehen.

Denken: Der zwischen Informationsaufnahme und Informationsabgabe bzw. Handlung zwischengeschaltete Prozeß der Informationsverarbeitung (Kurzform).

Glauben: Innere Sicherheit, die keines Beweises bedarf (Kurzform).

Selbstverständlich sind die Erklärungen dieser Begriffe im Lexikon ausführlicher, aber mir sind diese Definitionen völlig ausreichend. Außerdem sehe ich den Sinn einer Zeichnung nicht darin, den Brockhaus abzuschreiben.

Die Menschheit denkt. Die Menschheit glaubt. Die Menschheit ordnet im Normalfall den Glauben nur der Religion zu. Richtig ist, daß eine Religion ohne den Begriff des Glaubens nicht möglich ist. Aber Glauben ist ohne Religion nicht nur möglich, sondern stets vorhanden. Wir benutzen den Glauben oder gezielter ausgedrückt, unseren Glauben ebenso wie unsere Möglichkeit des Denkens ständig.

Ich bin der Meinung, daß unser Glaube unser gesamtes Leben beherrscht und steuert. Wir denken, daß wir frei sind, und wir glauben, daß wir frei sind, aber wir sind es nicht. Wir sind abhängig von unseren Glaubenssätzen.

Unser Prozeß der Informationsverarbeitung, unser Denken also, bewegt sich zwischen der Informationsaufnahme und deren Abgabe. Laßt uns jetzt der Frage nachgehen, wie wir Informationen aufnehmen, bzw. bearbeiten. Ich stelle hiermit die Frage: Haben wir Filter im Hirn oder nicht? Meine Antwort lautet: Natürlich haben wir alle unsere Filter. Die Anschlußfrage stelle ich mit den Worten: Was sind das für Filter und woher kommen diese?

Ich nehme an, daß unser Glaube diese Filter darstellt. Nicht der (nur) religiöse Glaube, sondern anders ausgedrückt, unsere Glaubenssätze sind es, die unsere Informationsverarbeitung, also unser Denken steuern. Und damit steuern sie unser gesamtes Verhalten. Sie steuerten unsere Vergangenheit, sie steuern die Gegenwart und werden auch unser zukünftiges Verhalten steuern. Und das tun sie entweder zu unserem Wohl oder zu dessen Gegenteil.

Diese Glaubenssätze sind sehr fest in uns verankert. Sie sind, wie oben definiert, unsere innere Sicherheit, die keines Beweises bedarf. Deshalb werden sie von uns nie geprüft oder der Nutzen für uns kontrolliert. Weil sie „unantastbar“ sind, nehmen sie an unserer normalen körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung kaum teil. Wir entwickeln sie nicht weiter. Sie sind „festgemauert in der Erden“ unseres Daseins. Sie sind im Unterbewußtsein gespeichert. (Der bessere Ausdruck wäre „Unbewußtsein“. Das Wort „Unterbewußtsein“ ordnet das Unterbewußte unter das Bewußte. Dadurch wird die Wirksamkeit leicht unterschätzt.) Von ihrer uns steuernden Funktion wird nichts bemerkt, weil sie kaum bekannt ist und deshalb nicht bewußt wahrgenommen wird.

Die Problematik liegt darin, daß unser „Superspeicher Unterbewußtsein“ nicht in der Lage ist, das Gespeicherte zu bewerten. Er weiß nicht, was gut oder nicht so gut für uns ist. Weil wir uns in unseren Reaktionen jedoch immer nach unseren Erfahrungen, d. h. den in unserem Unterbewußtsein gespeicherten Programmen richten, drehen wir uns häufig im Kreis und reagieren „immer wieder neu auf altbekannte Art und Weise“. Wenn ich jetzt unterstelle, daß das Unterbewußtsein keiner Kontrolle unterliegt, könnte ich sagen: Wir machen oft die gleichen Fehler – unbewußt selbstverständlich.

Ich will damit zum Ausdruck bringen, daß ein freies, konstruktives Denken kaum möglich ist, wenn wir nicht auch unsere Glaubenssätze einer ständigen Überprüfung unterziehen.

Woher kommen denn diese Glaubenssätze? Sie wurden uns anerzogen; durch andere und durch uns selbst. Ich will Euch ein persönliches Beispiel aufzeigen, das dennoch typisch für viele ist.

Am Ende meines ersten Schuljahres sprach meine Mutter in meiner Gegenwart mit meiner Klassenlehrerin. Diese sagte in etwa: Ihr Sohn ist ein sehr intelligenter Junge, aber die rechnerische Seite des Lebens liegt ihm fern. (Das mit der Intelligenz habe ich nicht beurteilen können, auch jetzt überlasse ich es lieber anderen.) Die Aussage, daß mir die rechnerische Seite des Lebens fern läge, hatte sich mir eingeprägt und zwar für viele Jahre.

Die ganze Schulzeit über war ich überzeugt, daß das Thema Mathematik nicht meine Welt sei. Es wurde einer meiner Glaubenssätze. Sogar die Zeit auf der Universität wurde durch diesen fest verankerten Glauben geprägt. Dieser wurde für mich zu einem Filter, zu meiner für mich geltenden ganz persönlichen Wahrheit. Ich konnte nicht rechnerisch bzw. mathematisch denken. Ich kam überhaupt nicht auf den Gedanken, einen entsprechenden Versuch zu machen, denn ich wußte ja: Die rechnerische Seite des Lebens liegt mir fern.

Die Erlösung kam, als es einmal sein mußte, Dinge in meinem Berufsleben rechnerisch zu lösen. In dieser Situation war ich gezwungen, mich mit dieser Thematik zu befassen oder zu scheitern. Weil ich nicht scheitern wollte, mußte ich meinen Glauben, meinen Filter, nicht rechnen zu können, überprüfen. Diese Überprüfung ergab, daß dieses Problem keines war, in Wirklichkeit niemals gewesen war. Meine ganz persönliche „Wahrheit“ war niemals eine gewesen. Aber wie hatte sie mich über Jahre belastet und in die Irre geführt.

Laßt mich einige typische „Wahrheiten“ bzw. Glaubenssätze aufführen, wie ich sie von anderen Menschen gehört und auch erlebt habe, wie sie von ihnen beeinflußt wurden. Ich muß an dieser Stelle betonen, daß Glaubenssätze nicht zum Nachteil der Menschen gereichen müssen. Sie können ebenso auch Positives bewirken.

„Heute ist nicht mein Tag.“ „Am Freitag dem 13. bleibe ich immer zu Hause.“ „Freitag der 13. ist mein Glückstag.“ „Du bist genau wie dein Vater / deine Mutter!“ „Das kann ich nicht.“ „Ich habe ja gleich (oder schon immer) gewußt, daß das nichts wird.“ „Es mußte ja so kommen.“ „Du begreifst nie etwas.“ Es ist immer das Gleiche mit dir.“ „Blondinen sind dumm.“ „Ich wußte, daß du es schaffst.“ „Wenn du das nicht kannst, wer dann bitte sonst“?

Durch diese und viele andere Glaubenssätze setzt sich unser eigener Filter zusammen. Dieser Filter ist eine Programmierung, ein Steuerungssystem, das unser Denken in bestimmte Richtungen leitet und uns in entsprechende Erwartungshaltungen zwingt. Es sei denn, wir wissen um diese Zusammenhänge und kontrollieren sie.

Ich habe ein schönes Beispiel für einen positiv angewendeten Glaubenssatz. Dieses Ereignis fand ich in unterschiedlichen Quellen beschrieben, die angaben, es auf Richtigkeit überprüft zu haben.

Im 1. Weltkrieg gab es eine Englische Kompanie, die vom ersten bis zum letzten Tag der Kampfhandlungen in diese verwickelt war. Vom ersten bis zum letzten Tag wurde in dieser Kompanie so oft wie möglich der 91. Psalm gebetet. Dieser Psalm gilt als Schutzpsalm. Alle, die neu in diese Kompanie kamen, beteten mit, weil die bisherigen Ergebnisse überzeugten. Alle, die in andere Einheiten versetzt wurden, beteten weiter. Jeder, der in dieser Kompanie gedient hatte, hat den Krieg überlebt. Meiner Überzeugung nach wurde hier ein positiver Glaubenssatz zum Denkmuster, zum Überlebensmuster. Alle Beteiligten wurden durch diesen Glaubenssatz geprägt.

Unsere Glaubenssätze prägen die Richtung unseres Denkens. Gedanken kommen nicht von irgendwoher angeflogen. Sie werden von uns geprägt. Wir sind für sie verantwortlich. Die Sprache ist eine Verstärkung unserer Gedanken. Unsere Handlungen verstärken unsere Gedanken erneut und sind der für alle sichtbare Beweis der Dinge, die wir denken.

Unsere Gedanken sind Befehle an unseren Körper und an unser Umfeld. Sowohl unser Körper als auch unser Umfeld gehorchen diesen Gedanken. Gedanken sind Macht über unser Leben. Gedanken richten sich nach unseren Glaubenssätzen. Unsere Glaubenssätze bestimmen unser Leben. Was ist, wenn das wirklich wahr ist?

Wenn das wirklich so abläuft, können wir unsere Gedanken kontrollieren, weil wir auch unsere Glaubenssätze überprüfen und korrigieren können. Wir bekommen damit Macht über uns und unser Leben. Das alles verbirgt sich hinter dem Begriff des „Positiven Denkens“. Für viele scheint dieser Begriff „abgedroschen“ zu sein. Wenn das so ist, liegt es mit Sicherheit an der Tatsache, daß die Hintergrundinformation über den Ablauf des Denkens nicht vorhanden ist. Wenn ich nicht weiß, warum und wie etwas funktioniert, kann ich damit auch nicht zufriedenstellend umgehen.

Wie kontrolliere ich meine Glaubenssätze? Zuerst sehe ich nach, welche Glaubenssätze ich habe. Wenn ich sie „bloßgelegt“ habe, sehe ich sie mir an und überprüfe, ob sie für mich noch die Gültigkeit haben, die ich ihnen zubilligen will. Und jetzt kommt das Bewußtsein ins Spiel. Denn ich kann nur über mein Bewußtsein mein Unterbewußtsein beeinflussen. Jetzt muß ich anfangen zu denken. Jetzt muß die Informationsverarbeitung stattfinden. Hat mein Unterbewußtsein die für mich richtigen Informationen oder muß ich für neue, jetzt gültige Informationen sorgen, die mein Leben bestimmen? Es ist immer meine freie Entscheidung. Es liegt immer in meiner ganz persönlichen Verantwortung, und es ist immer mit Arbeit verbunden – mit meiner Arbeit an mir, an dem rauhen Stein, der ich bin.

Diese Arbeit soll uns Freimaurer auszeichnen. Es ist keine Arbeit für andere oder an anderen. Diese Arbeit leiste ich für mich.

Meine lieben Brüder, ich wollte euch das eben Gesagte in Erinnerung rufen, weil ich davon überzeugt bin, daß ihr um diese Dinge wißt. Mit diesem Wissen ist eine stetige, kontrollierte und positive Weiterentwicklung gesichert.

„Positive“ Menschen haben eine besondere Ausstrahlung. Sie haben eine „geheime“ Anziehungskraft. Meiner Überzeugung nach kontrollieren diese Menschen ihre Glaubenssätze. Sie leben ihre Glaubenssätze bewußt. Ihr Denken, Sprechen und Handeln läuft nicht unkontrolliert ab. Der Filter, der ihr Denken bestimmt, ist überprüft worden. Die Richtung ist gezielt vorgegeben. Sie denken bewußt, weil sie um die Hintergründe wissen. Ihr Unterbewußtsein ist unter die Kontrolle des Bewußtseins gestellt worden. Das Unbewußte ist zum Bewußten geworden.

Laßt mich diese Zeichnung mit dem Bericht über zwei Erlebnisse schließen. Kürzlich machte mir gegenüber jemand die Äußerung: „Die Gnade des Glaubens ist unserer Familie nicht gegeben“. Das war eine ganz starke Aussage. Hier war ein Mensch der Überzeugung, in Abhängigkeit von „Unbeeinflußbarem“ zu sein. Er sah keine Chance, etwas zu unternehmen. Es war nicht in seinem Einflußbereich, demnach auch nicht in seiner Verantwortung. Er fühlte sich ausgeliefert. Er sah keine Chance.

Das zweite Erlebnis: Ein Bekannter wußte um meine Einstellung, teilte diese aber nicht. Eines Tages hatte er eine besonders schwierige Aufgabe zu bewältigen, der er sich allein nicht gewachsen sah. Er kam, um mich um Rat zu fragen. Mein Rat bestand darin, ihm zu erklären, wie er bewußt seine Glaubenssätze ändern könne, um über diesen Weg eine andere Sicht für seine Situation zu bekommen, damit andere neue Gedanken für ihn möglich seien.

Einige Wochen hörte ich nichts von ihm und wußte nicht, was aus seiner Angelegenheit geworden war. Wir sahen uns dann bei gemeinsamen Freunden wieder. Zu meiner Überraschung machte er ein stark abweisendes Gesicht, als er mich sah. Hatte ich ihm so schlecht geraten? Im Verlauf des Abends „schlich“ er sich jedoch immer näher an mich heran. Plötzlich faßte er mich vertraulich am Arm, zog mich auf die Seite und sagte wörtlich: „Sch…., es funktioniert“. Es war ihm gelungen, seine Aufgabe, zu deren Lösung er mich um Rat fragte, hervorragend zu lösen.

Über seine Antwort „Sch…., es funktioniert“ habe ich mich wirklich gefreut. Dieser Mann hatte seinen Filter kontrolliert, ihn als nicht mehr nützlich eingestuft und verändert. Mit dieser Veränderung hat er die Verantwortung für seine Situation und inzwischen für sein Leben übernommen.

Ein solcher Prozeß kann schmerzhaft sein, aber er ist lohnend. Ich wünsche euch allen, daß ihr eure Glaubenssätze überprüft, weil ich weiß, daß diese unser Denken bestimmen. Nein, ich wünsche es euch nicht nur, ich fordere euch direkt dazu auf. Ich tue es aus meinem Wissen heraus, daß ein freier Mann nur dann ein wirklich freier Mann ist, wenn er alles, was er glaubt und denkt, nicht nur aus seiner bisherigen Überzeugung heraus tut, sondern unter seinem kontrollierten und ständig erneuertem Wissen. Ich verspreche euch, das Leben wird klarer, einfacher, problemloser, kontrollierbarer, schöner und freier. Ich wünsche euch viel Erfolg.

 

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