Wann ist ein Ich mein Ich? Und wo ist die Realität?

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Über virtuelle Paradiese und Parallelwelten. Oder: Das Leben als Spiel

Liebe Brüder,

im Zuge beruflicher Recherchen habe ich begonnen mich im Internet in virtuellen Parallelwelten herumzutreiben. in Second Life. – Wo ?

Ich erkläre, worum es dabei geht: Second Life“ wurde von dem Physiker Philip Rosedale. Seine simple Idee: Im endlosen digitalen All des Internet wird ein virtueller Planet geschaffen und besiedelt. Er besteht aus einem Hauptland sowie einer Kette von Inseln, die sich erforschen und erwerben und bebauen lassen, und zwar von Avataren, jenen Duplikaten, die die Teilnehmer als ihre Stellvertreter ins Spiel schicken, die sich per chat untereinander austauschen können.(Ein Avatar ist im Hinduismus die Verkörperung eines Gottes auf Erden, etwa in Menschengestalt.)

Second Life ist eine Web-3D-Simulation für eine große virtuelle Gemeinschaft. Verschiedene Personen und/oder Unternehmen können auf neue Weise miteinander in Kontakt treten und/oder sich gegenseitig Dienstleistungen anbieten. Das spezifisch Neue ist, dass die Anwendung den beschriebenen Austauschprozessen durch die 3D-Animationen und das inbegriffene Raumgefühl eine neue Tiefe verleihen. Interaktionen werden durch die Animationen sicht-, fühl- und erlebbar. Durch die Einbindung einer virtuellen Währung (Linden Dollars), die in eine reale Währung (US-$) transferiert werden kann, ist Second Life auch in den realen Wirtschaftskreislauf eingebunden. Wie in den Anfangszeiten des Internets sind Glücksspiele und sexuelle Angebote die dominanten und wegbereitenden Dienstleistungen von Second Life. Diese Cyberwelt ist kapitalistisch, und darauf ausgerichtet, dass Nutzer miteinander Geschäfte machen können. Als ich zum ersten Mal von Second Life hörte, hoffte ich, es könnte eine kreative Welt ohne Besitzansprüche entstehen. Doch inzwischen gibt es dort fast nichts mehr umsonst. .Die »Zentralbank« – also die Betreiberfirma Linden Lab – tauscht 270 virtuelle Dollar gegen einen echten US-Dollar ein. Und sie erfasst täglich die Größe der virtuellen Binnenwirtschaft, deren Geldumlauf auf umgerechnet rund 360 Millionen US-Dollar gestiegen ist. Rund 14000 Unternehmer betreiben bereits ein profitables Geschäft in Second Life. Die Teilnehmer, die Unternehmer sein wollen haben etwa eine virtuelle Shopping-Mall aufgemacht, ein Bauunternehmen, einen Club – oder eines der einträglichen Spielkasinos. Mit Computerprogrammen, die Second Life stellt, entwerfen sie digitale Autos und Flugautomaten, Möbel, Mode oder Schmuck, um sie dann zu verkaufen.Die Second-Life-Client-Software stellt seinen Nutzern Werkzeuge zur Verfügung, um die SL-Welt zu sehen und zu verändern. . Die Bevölkerung beträgt derzeit ca. 3 millionen Teilnehmer-Tendenz stark wachsend .Derzeit sind im Durchschnitt mehr als 20000 Nutzer online. Zwar reicht der Gewinn meistens nicht, um in der Wirklichkeit auf einen Job zu verzichten. Aber dass sich die Investitionen lohnen, wird mit jedem Tag wahrscheinlicher, an dem die Zahl der Besucher in Second Life steigt.

Die virtuelle Welt gilt aber auch als Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Viele glauben, hier ein neues Leben beginnen zu können. Sie wollen frei oder zumindest ein anderer sein. Und die Möglichkeiten, sich virtuell neu zu erfinden, sind in „Second Life“ fast unbegrenzt: Mensch, Monster, Tier. Männlich, weiblich. Muskelbepackter Superheld oder geheimnisvolles Fabelwesen. Als Avatar kann man sogar eine abstrakte Wolke mit Augen sein. Die meisten beschränken sich jedoch auf ein relativ alltägliches Aussehen, nur etwas muskulöser, schriller, schöner. Wobei ich glaube, daß die grauen Mäuse im realen Leben sich in Second Life am schrillsten verkleiden. Die Freiheit ist hier eine Freiheit zur Selbstschöpfung. Die Anziehungskraft ist enorm, obwohl es kein Ziel, keine Spielregeln und auch keine vorgegebene Handlung in „Second Life“ gibt. Die Parallelwelt dient als soziale Kommunikationsplattform. Ein gigantischer Chatroom. Die Avatare erkunden den virtuellen Raum, reden miteinander, besuchen Clubs und Ausstellungen.

Second Life gilt als Vorbote des künftigen Internets.Die Menschen sitzen nicht bloß vor dem Computer, sondern tauchen in die neue, dreidimensionale Welt ein, vertreten von einem Abbild ihrer selbst. . Wir stehen, glaube ich am Beginn einer Entwicklung , die uns das heutige zweidimensionale Internet so spartanisch vorkommen lassen wird, wie uns heute die ersten DOS-Rechner vorkommen. Und in der wir uns alle wie selbstverständlich in solchen dreidimensionalen Internetwelten bewegen. Anstatt wie heute zum Beispiel auf die Webseite eines Onlinereisebüros zu gehen, um einen Flug zu buchen, wird man in Zukunft vielleicht ein 3-D-Reisebüro aufsuchen. Und wann wird man nur noch seine Avatare auf Geschäftsreise schicken ?

Der Mensch schätzt Kommunikation, die ihm wirklich vorkommt mehr als selbstständiges Sammeln trockener Daten am Computer . Informationen prägen sich erwiesenermassen besser ein,wenn ein menschliches Gegenüber sie Dir erzählt , von dem du dich persönlich angesprochen fühlst. Warum stellen Menschen in Computerforen dauernd die gleichen Fragen, die drei Zeilen vorher schon beantwortet wurden ? weil sie es erst glauben, wenn sie es persönlich beantwortet bekommen…

Ist Second Life nun das Paradies ? Der Garten immerwährender Freude, grenzenlosen Überflusses, ewiger Jugend und Schönheit, vollkommener Freiheit , totaler Macht und Selbstbestimmung bei gleichzeitiger Abwesenheit von Leid ? Versprechen uns manche Religionsgemeinschaften und Ideologien nicht solch ein Paradies ? Ist Second Life nicht der Hort wahrer Glückseligkeit ? Der Science-Fiction-Autor Neil Stephenson hat in seinem Cyberpunk-Kultroman „Snow Crash“ den Begriff „Metaversum“ geprägt, als Bezeichnung für einen Ort, in den Menschen aus der brutalen Realität fliehen können, um dort mit „ihren audiovisuellen Körpern auch nichts anderes zu machen als im wirklichen Leben.“ Doch was tun, wenn auch die virtuelle Realität immer brutaler wird? Das Versprechen der digitalen Welt auf ein anderes, besseres, freieres Leben löst „Second Life“ jedenfalls nicht ein. Es ist kein Paradies, dazu ist es einfach nicht außerweltlich genug. Der französische Philosoph Michel Foucault träumte schon 1967:

„Man schafft einen anderen Raum, einen anderen wirklichen Raum, der so vollkommen, so sorgfältig, so wohlgeordnet ist wie der unsrige ungeordnet, missraten und wirr ist.“

Davon ist „Second Life“ weit entfernt. Es gibt Waffen, viele Bewohner ärgern sich über digitalen Diebstahl, die Mafia hat sich breit gemacht. Für 15000 Linden-Dollar vertreibt sie einen ungeliebten Mitspieler aus „Second Life“. Und dann hat ein Computer-Wurm die Welt mehrere Tage lang zum Stillstand gebracht: virtuelle Apokalypse !

Also, das Paradies scheint es nicht zu sein. Diese Erkenntnis mag uns helfen, über unsere persönlichen Paradiesvorstellungen und oder irgendwelcher Paradiesvorstellungen zu nachzudenken. Glück scheint mehr zu sein als die Abwesenheit von Unglück.

„Aber der Reiz besteht darin, einen Traum auszuleben. Die virtuelle Welt kann Dinge unheimlich einfach und überspitzt darstellen: Ich kann mir leicht etwas aufbauen, mein Einfluss auf die Umwelt ist schnell und unmittelbar. Bedürfnisbefriedigung funktioniert auf Knopfdruck.“

Im SPIEGEL ist hierzu zu lesen:“Second Life“ bedeutet den Beginn einer völlig neuen Anthropologie, eines neuen Menschenbildes. Nach dem freibestimmten Individuum der Renaissance und dem Massenmenschen des Industriezeitalters betritt nun der virtuelle Prototyp die Arena: ewig jung, ewig agil, metropolitan einsam und gleichzeitig unendlich vernetzt. Second life ist nur die Fortsetzung des „in der Welt Sein“ mit anderen- mehr oder weniger selbsterschaffenen Mitteln . Es ist an mir, dabei festzustellen, daß mein „Ich-Begriff“ auch nur ein relativer ist… was macht mein Ich denn aus ? Daß ich merkwürdige Ohren oder besonders schöne Ohren habe ? Ändert sich mein Leben wesentlich dadurch ? Und wenn ich alle mich störenden Äußerlichkeiten an mir ändern könnte, wäre ich dann wirklich ein anderer Mensch ? Ein Glücklicherer ? Macht ein echter Ferrari wirklich glücklicher als ein virtueller?- macht die Vorstellung ,etwas zu haben nicht vielleicht sogar glücklicher als das wirkliche Haben ?

Wie häufig erlebe ich im „realen Leben“ diesen ernüchternden Unterschied zwischen Wünschen und Besitzen: das Wünschen ist begleitet von weltlichen Glücksgefühlen, die jedoch rapide abklingen, sobald ich das Gewünschte besitze.

In richtigen Leben kommt beim Wünschen oft der Gedanke der Sicherheitssteigerung hinzu- Besitz als Versuch, sich des Lebens sicherer zu sein. Eine Illusion, auf die ich regelmäßig hereinfalle…. Bei Second Life outet sich die „Besitz bringt Sicherheit ins Leben“- Vorstellung als von vornherein lächerlich- Dort ist es der pure Konsum um des Konsumes Willen… Da kann ich doch was für mein richtiges Leben lernen: Was brauche ich wirklich ? Nun, in Second Life befinden wir uns meiner Ansicht nach in einem kleinen visionsfreien ,hedonistischen und kapitalistischen Weltchen, einem bloßen Abbild der derzeit aufdringlichsten und am meisten verbreiteten Vorstellung von unserer Welt.

Aber was ist, wenn der Materialismus Recht hat ? Dann ist Second Life das Paradies ! dann reicht ein Hartz IV Satz für ein kleines schmuckloses Zimmer mit einem Computer , an dem ich als strahlend schöner ewigjunger Held die Kontrolle über mich habe in einer selbstentworfenen digitalen Welt. und ab und zu das nötigste an Nahrung… Dann ist es besser, in Second life zu leben.

Ich fürchte, hoffe, ahne, weiß, daß die Welt mehr ist.

Nun, die Entwicklung hin zur 3-D Sinnlichkeit des Internet scheint mir folgerichtig, die Umsetzung in Secondlife als Abbild der kapitalistischen Welt als langweilig, nicht wirklich interessant. Aber das Thema „Maskierung“ und Selbstentwurf fasziniert mich.

Wieder zitiere ich den SPIEGEL:

„Der Schatten, den die Avatare des „Second Life“ werfen, ist sehr lang. Er reicht zurück zu den Sagen der Antike, etwa zu Ovids Pygmalion, der sich eine so schöne Marmorstatue schuf, dass er sich in sie verliebte. Venus, von seinen Tränen und Bitten gerührt, erweckte sie schließlich zu wirklichem Leben. In Second Life simuliert der Mensch die Erschaffung der Welt und die Selbsterschaffung gleich mit. Wir bevölkern diese schöne neue Welt mit narzisstischen Selbstbildern, mit umwerfend begabten, gutaussehenden Kunst-Ichs. „Second Life“, das ist zunächst und in erster Linie ein gigantischer digitaler Maskenball. Da tobt sich ein Wunsch nach optimierter Selbstdarstellung aus, der uralt ist.

Dass die Welt eine Bühne ist und alle Männer und Frauen nur Spieler, das wusste schon Shakespeare, und es sind immer wieder Kostüme und Masken, die uns helfen, auf dieser Bühne zu bestehen.

Masken, auch die digitalen, funktionieren prächtig in ihrer Ambivalenz: Sie verbergen das Ich und stellen es gleichzeitig auf andere Weise aus. Die Maske steht am Beginn der Zivilisation, der Wiege des Abendlands. In ihrer „Dialektik der Aufklärung“ beschreiben die Philosophen Theodor W. Adorno und Max Horkheimer im listenreichen Odysseus den ersten modernen Menschen, einen, der sich vom Naturzwang emanzipieren kann, weil er das Talent zur Verstellung hat. Er entkommt dem Zyklopen Polyphem durch die Leugnung seiner Identität. Polyphem fragt: „Wer bist du?“ Und Odysseus antwortet: „Oudeis“ – niemand.“

Dass sich hier hinter jedem Mann eine Frau verbergen, jeder Dünne im echten Leben dick und ein virtueller Rocker in Wirklichkeit ein Bürospießer sein kann, das mag für viele den Reiz des Spiels ausmachen Per Mausklick wächst die Bauchmuskulatur, strahlen die Augen blauer, verdoppelt sich die Körpergröße auf hünenhafte Maße. Selbst eine Geschlechtsumwandlung ist kein Problem: Laut einer Umfrage verbirgt sich hinter 27 Prozent der weiblichen Avatare ein Mann und hinter acht Prozent der männlichen eine Frau. Hier darf jeder sein, wer und was er schon immer sein wollte. Die Putzfrau wird zum Supervamp, der übergewichtige Büroangestellte zum Hugh-Grant-Verschnitt. und man hat jederzeit die Kontrolle über sein Bild!

Verändert das Bild, daß wir bemühen, von uns zu zeigen, eigentlich unser Sein ?

Ich merke, wie ich mich hinter meiner Maske verstecke. Merke es in Second Life mehr als im alltäglichen realen Leben… weil ich es bewußter einsetze und selbstverständlicher bei anderen annehme, daß sie auch maskiert sind. Ich bin unverwundbar, weil die Maske mich schützt wie ein Schild. Und ich reagiere gelassener auf Angriffe, weil ich mir sagen kann, daß ich persönlich, weil unsichtbar, ja garnicht gemeint sein kann..

Angstfreier kann ich zugehen auf andere in Second Life. Ich bin mutiger und offener- ich habe ja nichts zu verlieren- Wie bin ich, wenn ich mich unbeobachtet fühle ? Werde ich deshalb zu einem Saftsack ?- Nun, ich merke, daß, auch wenn ich nicht in Gefahr gerate, zur Verantwortung gezogen zu werden, ich trotzdem ganz gerne freundlich bin und keinen Reiz spüre, jemanden anzugreifen oder fertigzumachen- Kann ich hoffen, daß mein bemühtes So-Sein in der Welt auch meinem innersten Wesen entspricht?- Sollte also mein Streben nach sittlicher Veredelung in freimaurerischem Sinne sich schon ein wenig bis zu meinem Wesenskern herumgesprochen haben ?

Die virtuelle Realität verwirrt mich, weil sie sich so real anfühlt ! Wo findet denn die richtige Realität eigentlich statt ? Wann ist ein Ich mein Ich ?

Ich habe bei meinen Reisen in Second Life in Gesprächen und gemeinsamen Handlungen mit anderen Teilnehmern gefühlt, mich erschreckt, mich gewundert, habe Sehnsucht nach Freundschaft gehabt, fühlte Abneigung, Sympathie, Erregung….

„Wenn man Dinge verändern kann, wenn sie emotional berühren, dann sind sie auch echt.“

sagt der Erfinder von „Second life“, Philipp Rosdale und steht damit in philosophischer Tradition.

Wenn Das echt-wahr-ist, was einen emotional berührt, ist eigentlich Alles virtuell, was da außerhalb von mir passiert. Gefühle sind nur Folgen meiner persönlichen Vorstellungen…,aber über die „Realität an Sich“ kann ich doch sowieso nichts sagen, sondern nur über ihre Wirkung auf meine Persönlichkeit, beziehungsweise auf die Ich-Vorstellung, die ich von mir habe.

Wo entsteht Wahrheit, wenn nicht in mir ? Meine Wahrheit aufgrund meiner Werte, meiner Beurteilungen , meiner Gefühle, meiner Erfahrungen. Die Tatsachen „da draußen“ sind von sich selbst aus solange wertfrei, bis sie auf einen subjektiven Menschen treffen.

Ich zitiere aus einem Interview zwischen SPIEGEL online und dem Medienwissenschaftler Thilo Hartmann:

„Aus der Wahrnehmungsforschung wissen wir, dass Virtualität als real empfunden wird, weil die reale Welt selbst virtuell ist. Realität ist nur ein Wahrnehmungskonstrukt unserer Sinne. Wir wissen nicht genau, wie es da draußen aussieht. Wir können nur darauf vertrauen, dass das, was wir wahrnehmen, aussieht wie die Wirklichkeit. Virtuelle Welten funktionieren nach demselben Muster.“

Zunächst bin ich als Mensch evolutionär so geprägt, dass ich in meiner Umwelt sehr leicht andere Lebewesen erkenne. Ein Forschungszweig, die so genannte Biological Motion Detection, hat nachgewiesen, dass wir sogar zwei Lichtpunkte, die hintereinander über einen Monitor hüpfen, sozial interpretieren: Viele Beobachter sahen darin eine Verfolgungsjagd. Bei unseren Vorfahren war das durchaus zweckdienlich, weil ein bewegtes Lebewesen immer auch ein Aggressor sein konnte. SPIEGEL ONLINE:

„Wird unser evolutionäres Erbe in einer Umwelt, in der Wirklichkeit immer stärker medial konstruiert ist, zum Problem? Hartmann: Es gibt viele Studien, die belegen: Das menschliche Gehirn ist eigentlich nicht reif für die Medientechnologie. Wir müssen mühsam erlernen, was medial ist und was nicht. Unser Wahrnehmungsapparat reagiert auch in virtuellen Welten immer noch wie vor mehreren hunderttausend Jahren. Meine Kognition kann die Virtualität nicht steuern – so wie ein Steinzeitmensch keinen Düsenjet steuern kann.“

Vielleicht kann ich mich retten aus dem Dilemma, Realität als Solches eh nicht so wahrnehmen zu können, und nicht wirklich zwischen virtuellen Realitäten unterscheiden zu können, in dem ich das Leben als Spiel betrachte ? Dadurch kriege ich vielleicht Abstand von einem immer begrenzten Ich-Begriff, der stets dazu neigt, Subjektives zu objektivieren, um es sicher zu haben ? Dieses Ich, daß immer eine Hilfskonstruktion bleibt- es sich aber nie zugestehen kann.

Lügt man denn, wenn man spielt ?

Lebe ich nicht eigentlich in mehreren-zahlreichen bis zahllosen Second Lifes ?

Und ist mein Freimaurersein nicht auch „nur“ ein Entwurfsversuch hin zu einem angestrebten Persönlichkeitsbild ?

Nun, ich habe die Erfahrung gemacht, daß dieses Streben rückwirkt auf mein reales Leben- Es ist, wie hoffe, so wie in dem Märchen von Oscar Wilde: Ein alter häßlicher Mann verliebt sich in eine schöne Frau- Er glaubt, er sei zu häßlich, aber er liebt sie wirklich-So läßt er eine schöne Maske anfertigen, die er fortan Tag und Nacht trägt- und die schöne Frau erwidert seine Liebe- sie leben lange miteinander.Eines Tages erkennt ihn ein früherer Bekannter an seinem Namen wieder und verspottet ihn- „Du trägst ja eine Maske“- und er reißt sie ihm vom Gesicht-und siehe: Das wahre Gesicht unter der Maske hat sich der schönen Maske ganz und gar angeglichen.

Ich glaube, daß schon unser unser Streben nach einer liebevolleren, angstfreien Welt einen Veränderungsprozeß bei uns in Gang setzt. Und ich glaube, daß die virtuelle Realität der Freimaurerei ein gutes Übungsfeld ist; in dem wir uns als Hoffende,Strebende, Spielende, Maskierte in eine Welt begeben, die nach brüderlichen Regeln funktionieren-leben will- Wir leben eine Hoffnung, einen Entwurf… Unser ängstliches Ich kann in der Loge weniger ängstlich sein. Unser Ich-Begriff kann die Gelegenheit bekommen, von seinem dämlichen „Dauer-Selbstbehauptungs und Selbstversicherungszwang“ Abstand zu bekommen. Unsere Loge kann ein Ort sein, an dem wir Kraft bekommen. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß in einer liebevollen Umgebung aus ängstlichen mutigere, aus schüchternen selbstbewußtere, aus redenden Zuhörende Menschen(und umgekehrt)wurden, weil sie sich nicht mehr bedroht fühlen mußten.

Nach meinem Glauben kommt alle Agression des Menschen nur aus Angst; Aus der Angst des Ich, vernichtet zu werden.

Second life macht für mich die Sehnsucht nach einer angstfreien, toleranten Welt deutlich-Aber diese Sehnsucht wird schnell verdunkelt- Der Kapitalismus, diese große Lüge, daß das Leben durch Besitz sicherer wird, verdirbt die virtuelle Realität. Aber es bleibt die Sehnsucht nach einer liebevollenWelt, in der es nicht auf Äußerlichkeiten ankommt, in der wir spielen und wachsen können. In der Menschen sich auf einer Ebene begegnen. In der ich Verständnis für das anders sein der Anderen habe, weil ich weiß; ich bin ja auch anders.

Ich glaube, um groß zu schließen, daß Liebe das einzg Wahre im Leben ist. Aber Liebe ist eine Gnade, die stattfinden kann, je mehr ich von mir, von meinen Ich-Sicherungsbehauptungen absehen kann, je mehr ich mein Ich zur Disposition stelle.- Aber wie das funktioniert, ist nun wirklich ein Geheimnis, daß ich als gnostischer Mystiker zu ergründen suche. Alles, was ich Dazu sagen kann, wäre wieder nur ein Behauptungsversuch…. ist nur meine Wahrheit….

und damit ist meine Zeichnung beendet.

Quellen: secondlife.com, wikipedia, SPIEGEL, SPIEGEL online, Tagesspiegel,Die ZEIT

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