Wir sprechen häufig von der Freimaurerei, ohne daß dieser Begriff besonders erläutert wird. Auch wurde ich persönlich angesprochen und gefragt: „Was verstehst Du eigentlich unter Freimaurerei?“ Erlaubt mir daher den Versuch, in wenigen Sätzen eine Antwort darauf zu geben und zwar meine höchsteigene, die sicher nicht erschöpfend den Begriff definiert, auch anfechtbar oder ergänzungsbedürftig ist, aber doch vielleicht ein klein wenig zur Begriffsbestimmung beizutragen in der Lage ist.
Freimaurerei ist bestimmt keine Religion oder Dogma, auch kein Religionsersatz.
Sie ist vielmehr das Bemühen um die innere Kraft, an das Gute im Menschen zu glauben.
Sie ist ständige Erziehung dazu, vom ehrlichen Wollen auch des anderen überzeugt zu sein; im anderen nicht immer nur den Gegner zu sehen, den es zu bekämpfen gilt, sondern einen gleichfalls ehrlich um Wahrheit und Klarheit ringenden Menschen, mit dem es sich zu sprechen lohnt.
Freimaurerei ist aber auch der Quell, aus dem uns die Kraft strömt, an uns selbst zu arbeiten, um selbst so zu werden, daß der Glaube des anderen in uns nicht enttäuscht wird, daß wir das, was wir von anderen erhoffen, auch selbst zu sein in der Lage sind.
Freimaurerei ist darüber hinaus die Bereitschaft zu geben, zu helfen, da, wo ein Mensch in Not ist, ganz gleich wie geartet diese Not ist.
Sie ist die Bereitschaft zuzuhören und zu schweigen, dann wenn das Gebot der Freundschaft es erfordert.
Es ist das Bewußtsein, einen Freund zu haben, dem man in jeder, aber wirklich auch jeder Situation vertrauen kann; der da ist für einen, auch wenn einen alle anderen verlassen haben; der mit einem Freud und Leid teilt. Es ist aber auch die Verpflichtung, sich selbst zu einem solchen Freunde zu erziehen.
Freimaurerei ist daher jenes wunderbare Gefühl, nicht mehr allein zu sein, im Alltag und auch in jener Stunde, in der wir abberufen werden aus diesem Leben, ist die Kraft, dem letzten Augenblick furchtlos und vorbereitet gegenübertreten zu können.
Sie ist das Gefühl der Stille und Besinnung im lärmenden Alltag, ist das Gefühl, sich im Kreise gleichschlagender Herzen zu befinden.
Ihr Werkzeug aber ist der Kreis jener Menschen, die uns, wo immer auch auf der Welt, im freimaurerischen Tempel umgeben; die im ehrlichen Bemühen den selben Weg zu gehen sich bemühen; die einander in Freundschaft und Ehrlichkeit verbunden und die bereit sind, in Frage und Anwort Klarheit im Geist, im Erfassen und Beurteilen des Geschehens in uns und um uns zu finden.
Ich bin mir bewußt, daß es noch viel gibt, was die Freimaurerei außerdem ausmacht, aber vielleicht genügen schon diese wenigen Punkte, um ein wenig zu verstehen, was gemeint ist, wenn der Begriff „Freimaurerei“ herangezogen wird.
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