Bruder, sei ein Mann!

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In meiner Zeichnung geht es um uns, Brüder: um uns Männer.

Aus einer Krise und aus der mit ihr verbundenen tiefen Verunsicherung heraus begann ich, mich mit diesem Thema zu befassen. Welches ist der richtige Weg für uns – für uns Brüder, Männer, Ehemänner, Liebhaber, Väter – für uns große Jungs, denen es dann gut geht, wenn es unserer Partnerin gut geht. Welches ist mein Weg?

Ich bin in einen Entwicklungsprozeß eingestiegen, von dem ich Euch berichten möchte. Ich bin nicht am Ende der Entwicklung, denn dafür ist der Weg zu lang und zu steinig. Aber ich habe begonnen. Und ich habe das Gefühl, durch den Sturm gesegelt zu sein.

Die Idee dazu stammt nicht von mir, sondern stammt von Björn Leimbach, einem Coach, dessen Bücher und Seminare mich sehr inspririert und bewegt haben – so sehr, daß ich dies mit Euch, meinen Brüdern, teilen möchte.

Paradoxe Welt

In der Welt, wie ich sie sehe, funktionieren viele Männer meist nur noch als Gegenpol, als Spiegel der Frauenwelt. Wir funktionieren, um Frau und Familie das zu bieten, von dem wir vermuten, daß sie es brauchen, damit sie glücklich sind – damit sie uns dann im Gegenzug das Glück und die Anerkennung zu schenken, nach der wir uns doch so sehr sehnen. Wir befinden uns also in einer emotionalen Abhängigkeit und vergessen dabei unser eigenes Glück über das Glück der anderen.

Nicht nur, daß wir uns dabei selbst verlieren – wir erreichen auch noch das Gegenteil: derjenige, der sein Leben um seine Partnerin herum dreht wird für die Partnerin immer uninteressanter als Mann. Freund ja – Lover nein.

Es ist paradox: mit all unserem Streben, sich für den Menschen, den man liebt aufzuopfern und ihn glücklich zu machen erreiche ich unter Umständen das komplette Gegenteil, nämlich daß die Partnerin sich abwendet und die Liebe und das Begehren einschlafen.

Somit Brüder, gilt es in Kontakt mit der männlichen Essenz zu kommen, zu uns selbst zu finden und zu stehen,herauszufinden, was man liebt und dafür zu kämpfen – und zwar nicht der Frauen wegen, sondern weil es um uns und unser eigenes Leben geht.

Die zehn folgenden Schritte mögen dabei hilfreich sein.

Zehn Schritte

1. Nimm Deine eigene Aggression an und lerne zu kämpfe

Es gibt einen Denkfehler und der lautet: „Aggression = Gewalt“. Gewalt ist oftmals eine Folge von falsch kanalisierter Aggression. Aggression selbst aber ist nicht per se schlecht. Sie ist sogar gut und wichtig!

Verstehen wir „Aggression“ dann als die Kraft, Dinge anzugehen, in Angriff zu nehmen. Als vorwärts geleitete Energie. Und arbeiten daran, unsere Aggression, unsere Energie, zu kultivieren; trainieren wir Wachsamkeit, Entschiedenheit, Willenskraft und Disziplin und stellen wir uns Konflikten. Überwinden die Angst und riskieren täglich etwas, worauf wir stolz sind. So entwickeln wir innere Stärke und Selbstbewußtsein.

2. Kontakt zu den eigenen Gefühlen bekommen

Das Herz bestimmt, worauf wir unsere Energie richten. Alles, was wir herzlos betreiben, wird nur zu einem mittelmäßigen Ergebnis führen. Wir müssen also in uns hinein horchen und herausfinden: was ist es, was ich will – mit ganzem Herzen? Was ist es, wozu ich eindeutig „Ja“ sagen kann und will und wofür ich bereit bin zu kämpfen oder in Liebe für mich und andere zu handeln. Wofür schlägt mein Herz?

3. Das eigene Leben in die Hand nehmen und Lebensvisionen entwickeln

Die Vision ist das übergeordnete Ziel, der Zweck, das, das dem Leben Sinn gibt. Etwas, woran ich glaube und das mir Freude macht.

Der Lohnjob ersetzt keine Lebensvision. Ein Mann sollte sich fragen, mit welchen seiner Fähigkeiten er der Welt dienen kann. Die Vision dient also nicht nur einem selbst, sondern auch anderen Menschen.

Die Vision ist der Kurs, auf dem ich durchs Leben steuere – haben wir keinen Kurs, so steuern wir ziellos umher und verplempern unser Leben mit Belanglosigkeiten. Die Vision gibt Kraft und Orientierung und sie läßt uns über uns selbst hinauswachsen.

4. Die Versöhnung mit dem Vater

Im übertragenen Sinne ist die Aufgabe des Vaters, den Jungen vom Rockzipfel der Mutter wegzuziehen und dem Kind eine Welt jenseits der Mutter – und der kuscheligen Comfort Zone – aufzuzeigen. Der Vater ist für den Jungen wichtig, um aus der Welt der Frauen und Mutter in die rauhe und manchmal auch gefährliche Männerwelt zu kommen.

Die Versöhnung mit dem Vater hat fünf Schritte: 1. Nichts mehr einfordern 2. Irrtümer erkennen, bei denen ich vielleicht ein falsches Bild vom Vater und seinen Handlungen hatte – auch durch die Prägung der Mutter 3. Vergebung all dessen, was war, egal, was es ist. 4. Wertschätzung – was habe ich dem Vater zu verdanken, was hat er für mich getan, was hat er für mich und die Familie aufgegeben und 5. Respekt – Respekt ist entscheidend, um dem Vater einen angemessenen Platz im Leben zu geben.

Für mich persönlich war dieses Element eines der wichtigsten überhaupt. Ich habe eine andere Sicht auf meinen Vatergewonnen, und dadurch auch eine andere auf mich selbst und mein Leben. Ich bin jetzt in der Lage, eine ganz andere Energie zu spüren.

5. Echte Männerfreundschaften aufbauen

Ein Mann braucht echte Freunde, zu denen emotionale Nähe und ein tiefes Vertrauen besteht. Nur dann kann er Energie schöpfen und sich austauschen über die wirklich wichtigen Dinge im Leben: Visionen, Emotionen, Liebe, Ängste, Sorgen und Nöte oder Herzenswünsche. Dabei stehen Ehrlichkeit und Vertrauen an erster Stelle – gemeinsame Unternehmungen, Abenteuer, Erlebnisse und Initiationen geben der Freundschaft Tiefe. Freundschaft entsteht durch gemeinsames Erleben, nicht durch Diskutieren.

6. Abnabelung von der Mutter und emotionale Unabhängigkeit von Frauen

Die Abnabelung von der Mutter ist wichtig, um emotionale Unabhängigkeit zu erreichen – von der Mutter, aber auch von der Partnerin. Denn wenn ich meiner Partnerin in abhängiger Liebe und Bedürftigkeit begegne, verliert sie nicht nur möglicherweise das Interesse an mir – noch ein weiteres Kind, statt ein Mann! – sondern ich verliere auch die Macht über mein Leben und mein Glück. Ich gebe dies förmlich in die Hände eines anderen Menschen, der mit dieser Aufgabe sehr wahrscheinlich sogar sogar überfordert ist. Sei kein Muttersöhnchen, das versucht, seine Nabelschnur bei der Partnerin anzudocken und von ihr zu bekommen, was für das eigene Glück wichtig ist.

Die Liebe eines abhängigen Menschen bedeutet weniger, als die eines unabhängigen.

Abnabelung heißt aber nicht, unsere Mutter zu verdammen. Sondern sich nach erfolgter Abgrenzung wieder zu versöhnen und der Mutter wertzuschätzen für das, was sie uns gegeben hat. Erlittene Verletzungen werden benannt – und verziehen.

7. Die Führung in der Partnerschaft übernehmen

Wie gut wir uns in unserem täglichen Leben fühlen hängt zu einem großen Teil von der Qualität unserer Beziehung ab. Aufmerksamkeit und Engagement sind gefragt und wir müssen uns Problemen stellen, die auftauchen.

Wenn ein Mann seiner Partnerin ständig in Hilflosigkeit begegnet, unentschlossen ist, stets sein Fähnchen nach ihrem Wind hängt – dann verliert sie den Respekt vor ihm. Denn je schwächer er sich zeigt, umso stärker muß sie sein und wird immer mehr aus der Rolle der Partnerin in die Rolle der Mutter zurückgeworfen.

Die Frau wird die Führung des Mannes immer wieder hinterfragen und prüfen, indem sie ihn kritisiert und an seiner Reaktion erkennt, ob er von ihrem Zuspruch abhängig ist, oder nicht. Sie möchte die wahre Größe und Unabhängigkeit spüren.

8. Die eigenen Kraftquellen entdecken: Herzöffnung, Alleinsein und Meditation

Herzöffnung: Der Mann braucht Zugang zu seinen Gefühlen, denn nur dann weiß er, was er liebt und wofür sein Herz schlägt. Er muß sein Herz öffnen, für sich und für andere. Und wenn die Öffnung erfolgt, ich mich vertrauten Menschen, Freunden, Brüdern mit meinem Schmerz, meiner Verletzung oder Unsicherheit anvertrauen kann, dann kann Heilung erfolgen, dann hört der peinliche Zwang zur Selbstdarstellung auf und ich finde den Mut, mich als der zu zeigen, der ich bin.

Alleinsein: kann eine Kraftquelle sein. Anfangs fühlt man sich noch einsam, wenn man aber durch den Prozeß des Alleinseins bewußt durchgeht und sich all den Gefühlen, Wünschen, Schmerzen und Ängsten stellt, dann reift man und gelangt zu einem wesentlichen Aspekt der Unabhängigkeit: der Kraft des Alleinseins und der Stärkung der Autonomie.

Meditation: Der Mann verliert durch ständiges Denken und Durchgrübeln der immerwieder selben Themen Energie. Schlimmer noch, der Verstand blockiert den Zugang zu den eigenen Gefühlen, denn die zeigen sich nur, wenn der Verstand schweigt. Meditation ist das Werkzeug, um unseren unruhigen Geist und unseren analysierenden Verstand abschalten, um an unsere Gefühle heran zu kommen.

9. Die Liebe zu sich selbst erforschen

Lerne bewußt, liebevoll und kreativ, Dich selbst zu lieben und zu akzeptieren. Sei gut zu Dir, respektiere Dich selbst und liebe Deinen Körper. Dein Körper ist das wertvollste Instrument, das Du jemals haben wirst. Bringe Dein Herz und Deinen Körper in guten, liebevollen Kontakt.

10. Verantwortung für die Kindererziehung übernehmen

Akzeptiere, daß Deine Familie – Deine Kinder – das wichtigste in Deinem Leben ist und gebe dem den entsprechenden Raum, so daß Du eine aktive und bewußteZeit mit ihnen verbringst und sich die Herzensverbindung vertiefen kann. Stelle ggf. Job und Karriere hinten an.

Wenn Du von Deinen Kindern getrennt bist, so halte guten Kontakt zu ihnen und kämpfe darum, Zeit mit ihnen zu verbringen. Das gibt Dir Kraft und Du gibst ihnen Kraft.

Schlußgedanken

Dies ist das zehnte und letzte Puzzleteil.

Jeder dieser zehn Punkte hat mich persönlich sehr tief bewegt und seine Spuren hinterlassen – ich möchte sagen, daß die Auseinandersetzung damit eine tiefgreifende Entwicklung in mir ausgelöst hat. Und so wie in der Freimaurerei jeder Bruder seine Lieblingssymbole hat – die, die ihm momentan besonders viel bedeuten oder sagen – so mag das auch für diese zehn Schritte gelten.

Ich für mich war erstaunt, als ich festgestellt habe, wievielKraft mir die Versöhnung mit meinem Vater gegeben hat. Wir hatten jahrzehntelang keinen Kontakt und telefonieren jetzt regelmäßig, besuchen uns. Auch wenn dies immer noch etwas spröde ist, so merke ich, wieviel Energie ich daraus ziehe und wie sich meine Selbstwahrnehmung ändert.

Auch die Loslösung von meiner Mutter, die mich und mein Leben jahrzehntelang mit ihren Krankheiten dominiert hat, war geradezu eine Befreiung. Wir haben uns ausgesprochen und ich habe alles auf den Tisch gepackt – heute haben wir ein ganz anderes, aber auch sehr herzliches und ehrliches Verhältnis zueinander.

Schlußendlich – denn ich will hier nur die drei für mich wichtigsten Punkte aufzählen – hat mich die Idee der unabhängigen Liebe, der Unabhängigkeit von der Partnerin sehr befreit. Ich verstehe jetzt, daß ich für mein Glück verantwortlich bin und nicht meine Partnerin; und daß eine Beziehung gegenseitigen Respekt und Liebe braucht, aber keine emotionale Abhängigkeit.

Meine Brüder! Ich bin am Ende meiner Zeichnung. Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit und freue mich, wenn ich Euch ein paar Denkanstöße geben konnte.

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